2016


The cat

Aus: Kipling, Rudyard: Mowglis Brüder, Holzschnitt von Christopher Wormell, Aarau : Sauerländer, 1994

„… and when the moon gets up and night comes, he is the Cat that walks by himself, and all places are alike to him. Then he goes out to the Wet Wild Woods or up the Wet Wild Trees or on the Wet Wild Roofs, waving his wild tail and walking by his wild lone.“

Rudyard Kipling: Just so stories

I ha so ne Feissbukakaunt, aber i mache chum öppis drmit, ha dr Närv nid, luege aber gärn die schöne Fötis vo mine 14 Fründe a. Mängisch tuet mi Tochter mir es Bild druf oder e Usspruch, wo ni gmacht ha, wie: „Äs git Lüt, die säge eifach gäng Ja“.
Wi gseit, i ha dä Akaunt houptsächlech drzue, dass i die feine Pâtisseriekreatione vom Wältmeischter u sire Cruu cha luege.
O die stimmigsvolle Sunneungergäng, die härzige Enkelching und Fotone vo däm feine ungarischjüdische Ässe, wo mi Fründ us Naharya poustet, laikeni ab u zue oder schribe e Glückwunsch zu mene Fescht. Klar, klickeni de o i de Profil vo dene ihrne Fründe ume u de gseht me de, was i scho vor em Feissbuk ha vermuetet: mi kennt eifach vil meh Lüt, als me dänkt.

Letschthin bi ni zuefällig uf ene Name gstosse, wo mer bekannt isch vor cho. I ha de druf klickt u mi lachet e Ma a mit äbemässige Zäng, agrauete Haar, amene graumelierte, pflegte Bart, imene gälbe Sportliibli, Sekundarlehrer. Sicher isch er vil dusse. Hinger dr gschmackvolle Brülle blitze siner Ouge spitzbüebisch. Obwohl 63 Jahr vergange si, sit i ihn zletscht Mal gseh ha, kenne nine sofort wider, dr Sämi, mi Verehrer us dr Ungerschuel.
Är isch nid gsi, wie di angere, het gärn gläse, isch mit dr Mueter ga ichoufe, het ihres Velo grüen agmalt, was si ganz toll het gfunde. Die angere Giele hei nid gwagt, ne uszäpfle, will er guet ir Schuel und im Sport isch gsi.

O wo ner d’Lehrere gfragt het, öb är mit mir i ds Handarbeite dörfi cho, het kene glachet. Dr Sämi isch de näbe mir ghocket, het im Schwick feschti Masche, Stäbli u Luftmasche chönne wi mir Meitschi u het es grüens Ichoufsnetz mit silberige Ringe für d’Träger ghääglet. Nach der Schuel het är mi mängisch hei begleitet, obwohl das für ihn e Umwäg isch gsi. Är het Gedicht gärn gha u se uswändig chönne. Woni einisch chrank bi gsi, het er mir Grossmuetter es Strüssli Schneeglöggli für mi mitgä. Är het mini Zeichnige grüehmt u mängisch hani ihm siner e chli verbesseret. Wil er es Jahr elter isch gsi als ig, isch er de i d’Sek u ines angersch Schuelhus cho.
Dr Sämi isch sicher o dr Grund, warum ig i d’Sek ha wölle. Miner Eltere hei drvo ke Ahnig gha u hei ersch vernoh, das i d’Prüefig bestange ha, wo d’Lehrere mim Vater het gratuliert, das i die Beschti vo de Meitschi sig gsi.

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Wenn die tonnenschweren Kürbisse (2016/1190,5 kg) von ihren Züchtern an die Kürbis-EM gewuchtet werden und nachts der Frost über den Boden schleicht, ist es aus mit Sommer.
Schweren Herzens greife ich als Rockträgerin zu Unterhemd und Strumpfhosen, lasse den roten Lack noch ein bisschen auf den grossen Zehen und mache erste Schritte in geschlossenen Schuhen.
Im Garten hole ich die letzten Bohnen, den späten Salat und schaue nach, ob die Schnecken mir etwas von den festen Kabisköpfen übrig gelassen haben. Kletterrose und Kapuzinerkresse legen sich mit Blühen noch einmal ins Zeug, zusammen mit einigen Borretschstauden mit ihren blauen Sternenblümchen. Die ersten Körbe Laub werden zusammengerecht und einige Stauden zurückgeschnitten.

Die Draussen-Baden-Saison in meinem Lieblingsbad schloss ich vor einem Monat …

Letzters Bild 2016

mit einem einsamen Schwumm durchs bereits kühle Wasser ab, packte die …

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Geputzt und gesrrählt

(Johanna und Jakob, Frühling 1941)

Dieses Bild meiner Eltern hängt, zusammen mit einigen anderen alten Fotos, bei mir in der Küche. Als ich es am vergangenen 30. August, ihrem gemeinsamen Geburtstag, abswischte, fiel mir zum ersten Mal auf, wie blank poliert die Schuhe des glücklichen Paares sind. 1941 gab es im Emmental kaum asphaltierte Strassen und Wege und auch wenig Schuhe.
1941 wurde mein Vater wieder einmal für einige Wochen in den Militärdienst eingezogen, was besonders während der Sommermonate für einen Bauern hart war. Zu Hause standen die Ernten an und auf irgend einem unnützen Posten langweilten sich die Soldaten. Das Gute daran war, dass Soldat Glauser genug Zeit hatte, seiner geliebten Johanna zu schreiben:

Ostermundigen, 29. Juli 1941
Auf meinem Posten sind 13 gute Kameraden, fast alle von Lützelflüh und Sumiswald. Ich werde am 8. August in den Urlaub gehen. Es ist so langweilig, keine Ruhe und wenig zu essen, aber ich kann mich ganz gut drein schicken, geht ja nicht mehr lange.
Schick mir nur nichts zu essen. Es sind viele Kameraden bei uns, die nicht heim schreiben können oder der Geliebten, um Essen zu schicken. Ich kann mich gut fügen, du weisst es ja wohl. Ich möchte nicht mehr sein als alle anderen.
H., wenn ich in den Urlaub komme, werden wir an einem schönen Sonntag noch eine Velotour machen.
Wie geht es deinem Fuss. Hoffentlich gut.
Warum hat dich Frida geschnitten mit der Sense?

(Frida war die Ex-Freundin meines Vaters und auf meine Mutter so eifersüchtig, dass sie sie mit der Sense verletzte. Kommentar von 1st hier)

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Prunkwinde

Noch vor der Tasse Kaffee giesse ich morgens die Balkonpflanzen.
Ein Hagelschlag Mitte August spaltete die Stängel der Tomatenstauden und hackte die Triebe der Prunkwinde ab. Himmeltraurig sah das aus. Auf einem nach Westen gerichteten Balkon im 16. Stock sollte man Robusteres pflanzen. Beinahe hätte ich die Schere angesetzt. Die Pflanzen haben überlebt. Sollte es noch einige sonnige Tage geben, werden noch viele Tomaten reif und die Winde macht hoch über den Reihenhäusern ihrem Namen Ehre und mir viel Freude.
So früh wie möglich gehe ich in den Garten, giesse und hacke, binde diesen oder jenen Trieb auf, schneide dürre Zweige pflücke Bohnen und Himbeeren. Manchmal kommen die Schulkinder – darunter auch zwei meiner Enkelkinder – und essen ihre Pausenbrote unter den schattigen Bäumen.
Wann immer möglich, gehe ich morgens ins Freibad.
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Tauchen

… ist grösser, als man denkt.
So weit unser Auge reicht nur Segel-, von Möwen begleitete Fischerboote mit echten Fischern und der Touristen-Katamaran „Picardie“ auf dem Wasser.
So weit unser Auge reicht ausgebleichte Sonnenschirme über Jungen und Alten, die den Strand und das Wasser auf ihre Weise geniessen.
Weit und breit keine Flüchtlinge auf dem Mittelmeer, ausser in den Zeitungen, die wir, im Gegensatz zu früher, jetzt auch auf dem Delta online lesen können.

Am diesjährigen 14 Juillet fehlen Bühnen, Fahnen, Lautsprecherwagen mit der „Marseillaise“ und „Toreau picine“ – nichts deutet auf den französischen Nationalfeiertag hin. Auf unser Warum meint die Wirtin im „Petit Mazet“ augenzwinkernd, es sei eben erst der 13. Nur wenige Stunden später wären alle froh, es gäbe diesen 14. nicht.
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Lavendel aus meinem Garten

Lavendel aus meinem Garten

Als Kind fing der Sommer an, wenn der Knubbel des ersten Bremsenstichs sich auf Bein oder Arm hart und rot ausbreitete mit einem blutigen Punkt im Zentrum. Manchmal klatschte die Grossmutter einen grauen Brei in ein Tüchlein gewickelt darauf, was Linderung brachte. Essigsaure Tonerde kaufte sie in der Apotheke Durheim in Form eines grauen, erdigen Pulvers, welches sie in einer Schüssel mit Wasser zu einem „Tanggel“ anrührte und in Tüchern auf ihre mageren mit Krampfadern überzogenen Beine legte.
Sommerferien bedeutete eine Menge Arbeit für die ganze Familie. Das Tagwerk der Eltern fing vor dem Tag an und endete oft spät.
Die Sommer meiner Kindheit erscheinen mir in der Erinnerung lang.
An freien Tagen schoben wir unsere Räder zuerst den Hang hinauf auf die Landstrasse, fuhren dann in Kehren hinunter nach Vorderfultigen, radelten nach Hinterfultigen und wieder ging’s auf schmalem Pfad in steilen Kurven abwärts in die Schwarzwasserschlucht. Dort hatte sich eine besonders bissige Pferdebremsenkolonie angesiedelt und freute sich beim Einfall der Dorfkinder auf eine süsse Blutmahlzeit. Trotzdem verbrachten wir Stunden zwischen Sandstein- und Nagelfluh, stapften durchs knietiefe Wasser, planschten in den Wassertrögen zwischen den Steinen, liessen uns von den stacheligen Büschen des Auwaldes die Beine zerkratzen und assen heisshungrig die mitgebrachten Brote. Dieses abenteuerliche Vergnügen hatte seinen Preis. Der Heimweg war lang, heiss und sehr steil. Als sich einmal ein Gewitter zusammenbraute, kam Vater uns ein Stück des Weges entgegen. In der „Linde“ Hinterfultigen bestellte er zu unserer grossen Überraschung, einen Liter Weissenburger Himbeer, ein Tafelgetränk, welches es schon längst nicht mehr gibt. (Vater war, glaube ich, sehr froh, dass wir vor dem Gewitter aus der Schlucht heraus gekommen waren.)

Heute fahre ich mit einem Teil der Blogkfamilie nach Süden, wo sich der andere Teil bereits eingerichtet hat und im Moment auf Pferden durch Salikornien und Sand stapft. Die Bremsen dort haben grünfunkelnde Äuglein.

Au revoir, mes amies et mes amis!

Es regnet wie aus Kübeln, als wir durch den Wald und dann durchs Dorf fahren. Kein Mensch ist bei diesem Wetter unterwegs. Ah, doch, vor dem „Bären“ steht ein Resecar aus Österreich, in welchen süferli eine Gruppe Rentnerinnen und Rentner einsteigen. Dann ist das Dorf wieder ein Juli-Kalenderblatt mit üppigen Geranien auf Fenstersimsen. Kein Licht in den Atelierfenstern des behäbigen Bauernhauses der Kirche schräg gegenüber. Der Kunstmaler sei nach 24 Jahren Landleben ausgezogen in einen 22. Stock in der Stadt, mit Frau, fünf tietischen Tempelhunden und drei Langhaarkatzen. Jetzt male er bunte, ineinander geschachtelte Hochhäuser und keine Munis (Stiere) mehr mit Tigerfell und tanzenden Kobolden auf dem Rücken. Ich schweife ab …
Der Dorfbrunnen plätschert. Ich fahre mit der Hand durchs kühle Wasser. Früher gehörte Albert ein Teil dieses Wassers, ich glaube, 1/7. Ich schweife ab …
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Nein, ich habe kein Grosseltern-Magazin abonniert, auch zur GrossmütterRevolution gehöre ich nicht. Es gibt nur ein paar wenige Sachen, die ich als Grossmutter bei den Jungkrähen „erziehe“. Ob es just die lebensnotwendigen sind, weiss ich nicht, weil ich ja kein Magazin und keine Evolution …
Ein Donner-Bigeli z.B. bewahrt einem am frühen Morgen vor lästigem Kleider Zusammensuchen, auch ein paar andere Sachen wie schön essen und Klo sauber hinterlassen sind richtig „cool“. Beim Aufräumen bin ich nicht so streng. Bücher und Lego-Kostruktionen dürfen liegen und stehen bleiben bis zum nächsten Besuch, der meist nach wenigen Stunden stattfindet.
Jeden Donnerstg rüste, schnipsle, dämpfe, schmore und koche ich das „Familien-Znacht“. Wer nicht dabei sein kann, schreibt eine Nachricht, schickt/bekommt ein Bild oder ruft an. Es wird nicht nur gegessen, sondern auch erzählt und diskutiert über wenig Gott und viel Welt, besonders über unsere kleine Welt, die uns täglich herausfordert.
Was an diesem Abend nie fehlt, sind Bücher. Die folgenden Bilder habe ich am vergangenen Donnerstag – Poulet im Ofen, Bohnen-, Kartoffel- und Blattsalat, gebrannte Crème mit Waffeln – gegen Mitternacht gemacht:

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Die Riesin

Zeon und Zenobia lebten lange Zeit zusammen, so lange, wie Riesen leben.
Im Sommer kam es vor, dass sie unter freiem Himmel einschliefen, und wenn Reisende, die sie nicht kannten, an ihnen vorbeizogen, dann hielten sie die schlafenden Riesen für Berge.

Wilsdorf, Anne:
Die Riesin, Zürich : Diogenes, 1978, ISBN 3-257-00606-3

(Anne Wilsdorf widmete ihr Buch ihrem Onkel.)

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Wahrscheinlich hätte ich es nicht gekauft, aber ich bekam das fadhellgrüne Buch geschenkt und Geschenke lese ich immer – irgendwann. Ich kämpfte schlich mich einige Tage durch die Seiten, um dem Geräusch der Schnecke beim Essen zuzuhören. (Schliesslich wurde die Oberleserin Elke Heidenreich Seite um Seite mehr verzaubert von so viel kleinem Wunder.)
Dieser Zauber wollte sich bei mir nicht einstellen, hatte ich es doch meist mit Nackt- und nicht mit Hüslischnecken zu tun. Aber nach 169 Seiten hielt ich mich dann mit Schneckenkörnern im Garten ziemlich zurück, trug die Viecher in einen abgelegenen verwilderten Winkel oder beförderte sie in die Kompostbehälter des ehemaligen Schulgartens. Aus dieser Verbannung können sie sich natürlich jederzeit wieder anschleimen.
Heute gab es eine Regenpause und ich eilte in den Garten, um den halb ertrunkenen Randensetzlingen grüne Hüte aus Kunststoff überzustülpen, Unkraut zu jäten, Stauden aufzubinden, den verblühten Akalei abzuschneiden. Zu meinem Erstaunen konnte ich schon die ersten Kefen ernten. Bald schon prasselte der Regen nieder, hinterhältige Blitzchen zuckten, Donner rollte vom Westen her.
In den Reihenhäusern meinem Garten gegenüber schoben Väter Fertigpizza in den Ofen, Mütter riefen die Kinder ins Haus. Man ass heute früher: der Match. So ein bisschen blöd kam ich mir schon vor, als ich unter den riesigen alten Bäumen Schutz suchte. Soll dann im Gratisblatt stehen: Rentnerin im Garten vom Blitz erschlagen?
Klatschnass vertraute ich darauf, dass dieser in den Blitzableiter meines Blocks und dann in die Hölle den Boden fahren würde.
Bei der nächsten Regenpause fotografierte ich ein paar nasse Stauden, die trotz der anhaltenden Attacken von oben und unten standhaft und schön geblieben sind – eigentlich zauberhaft.

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Bereit zum Anpfiff

Wieder Regen und wieder ein Schutti-Wochenende! Hausmeisters haben dekoriert und für alle daheim Gebliebenen einen Fernseher im Hauseingang installiert. Für Speis‘ und Trank ist gesorgt – auch in den Farben Rot – Kirschen und Tomaten.
Die Knirpse tummeln sich bis zum Anpfiff mit Ball und Schweizerfähnchen auf dem nassen Rasen, meist in albanischen Leibchen. Enes, der Kindergärteler, würde gern ein Schweizer Shirt anziehen, hat aber keines. Schliesslich sei er in der Schweiz. Er kommt dann in einem von Bayern München.

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Festausklang

(Ausklang unseres Quartierfestes unter schweren Regenwolken)

Im Schuhregal des Orangen Riesen stehen noch 2 Paar getigerte und ein Paar gepunktete Gummistiefel. Draussen am Blumenstand kaufe ich einige Geranien. „Dieses Sauwetter macht einen doch nicht an zum Pflanze,“ meint eine Kundin und entscheidet sich dann doch für ein Minitöpfchen Glockenblumen. Recht hat sie. Im Garten feiern Schnecks rund um die Fenchelsetzlinge nächtliche Raspelraspelorgien, tun sich auch an den Radieschenkeimlingen gütlich, kraxeln hungrig in die Margriten- und Echinaceabüschel.

In aller Herrgottfrühe schaute Familie Blogk heute aus dem Fenster – Regenregenregen, konsultierte mindestens drei Wetter-Apps und nahm das von den Bauern: „freundlich“ lasen wir da.

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Taj Mahal

Foto von hier

Das Vollmondbild für heute mache ich passend zu den beiden vorhergehenden Beiträgen – Taj Mahal bei Vollmond, das Grabmal eines Herrschers zum Gedenken an seine grosse Liebe (vor ca. 385 Jahren).

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2nd, male arbeitet nun schon mehrere Jahre für eine internationale, indische Firma. Das ist der Grund, weshalb ich wieder viel mehr über dieses Land, das ich als Kind so intensiv bereist habe, nachdenke und lese.

Es ist einerseits schwer zu verstehen, dass Indien immer noch so mausarme Menschen hat und eine so katastrophalen Umgang mit Mädchen und Frauen zulässt. Andererseits auch wieder nicht.

Indien führt uns vor, wie unmöglich Verbote von Diskriminierungen sind, wenn sie nicht bei den Kindern und in der Bildung aller Schichten anfangen. Das Verbot der Diskriminierung durch Kastenzugehörigkeit hat nicht mehr verändert, als dass man gegenüber Nicht-Indern nicht darüber redet und einer Unkrautjäterin neben einer Sehenswürdigkeit vielleicht nicht mehr die Beine unter dem Körper wegkickt, wenn sie zu langsam ist. Die indischen Frauenrechtlerinnen, aber vor allem die Schlagzeilen betreffend Vergewaltigungen, die dem Tourismus empfindlich schaden, haben dazu geführt, dass es immerhin in städtischen Gebieten zu mehr Anzeigen kommt. Das ist das Entscheidende. Denn Indien leidet nicht an seinen Gesetzen, Indien leidet an der Kluft zwischen Gesetzgebung und Lebenswirklichkeit. Letztere ist wie in allen Gesellschaften Jahrhunderte alt und wird durch Tradition weiter gereicht. Die vergleichsweise neue Gesetzgebung wird dagegen noch Jahrzehnte im Nachteil bleiben. Andererseits ist sie einer der Gründe, weshalb Indien gerade in der IT Erfolg hat. Seit sie europäische und amerikanische Firmen aufkaufen, haben sie sogar Personal gewonnen, welches westliche Kundschaft überzeugen kann, denn das ist schier unmöglich für in Indien sozialisierte Menschen. Das starke indische Prestigedenken führt nicht nur dazu, dass wir hier mehr von den Atom- und Mondlandungsplänen als von dem verheerenden Wassermangel erfahren, sondern es killt auch die Lust, selbständig zu handeln, sich hochzuarbeiten, sämtliche intrinsische Motivation. Das alles sind aber Motoren westlicher IT-Erfolge.

Wo ich persönlich das grösste Potential sähe, wäre in der Durchmischung durch Ehe. Zwischen den Kasten, Religionen und Nationen. Und genau dort bewegt sich Indien nicht mehr als der Kosovo. Wer sich mischt, muss immer noch gehen.

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In Delhi um 6 aufgestanden, auf dem Inlandflug ein wunderbares Masala Dosa zum Frühstück. Um 11 in Pune angekommen, eine Stunde im Taxi zum Campus, Registrierung von Mensch und Laptop in einem grossen Buch und einem Computer, Stempel vom Chef mit zwei Sternen auf der Schulter, dann weiter zum Guest House. Registrierung von Mensch und Laptop und Röntgen des Letzteren daselbst, drei Formulare ausfüllen, dann ins Büro, und vor dem Sitzungszimmer abermals Registrierung von Mensch und Laptop durch einen Official, diesmal in zwei grossen Büchern.

Nun langsames Anlaufen mit den lokalen Kollegen, eine Stunde bei 40° über den Campus schlurfen und die verschiedenen Sitzungsräume für morgen auskundschaften. Dazwischen Kaffee für die einen und spätes Mittagessen für die anderen; es ist inzwischen zwei. Gegen fünf ist dann langsam allen klar, dass wir uns für morgen auch inhaltlich noch vorbereiten müssen, folglich angeregte Debatte bis halb neun, dann Abendessen, informell die wirklich wichtigen Dinge besprechen, um 10 nochmal eine Stunde mit Sao Paulo telefonieren, vorletzte Vorbereitungen, Zähneputzen, Duschen.

Jetzt ins Bett.

2nd, male lässt herzlich grüssen.

Bamershalten

Hier habe ich schon einmal über dieses Haus geschrieben:

Im Frühling 1957 zogen sie in die Bamershalten. Die Kinder freuten sich an dem moosüberwachsenen Land, auf welchem die schönsten Schlüsselblumen blühten. Aber die Eltern machten sorgenvolle Gesichter. Doch ohne sich zu beklagen, begannen sie, das Heimet zu bewirtschaften. Es brauchte Fleiss, Sachverstand, Durchhaltewillen und Kreativität um auf diesem mageren Land eine Familie durchzubringen. Johanna konnte das. Wir sehen sie vor uns mit einer Schürze voller Pilze, die sie im nahen Wald gepflückt hat, an der Nähmaschine, wo sie den Töchtern die ersten Kniehosen näht und am Backtrog, in dem sie den Teig für die unvergessenen Brote knetet.

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In der Schweiz lebte er mit seiner Familie weiter wie bisher. Er erzählte niemandem etwas, kaufte kein neues Auto. Die Wohnung blieb so schmucklos und karg eingerichtet, wie sie immer schon war. Die einzige kleine Sache, welche auf den Millionengewinn hätte hinweisen können, waren die teuren T-Shirts seiner Kinder. Da aber kaum jemand im Quartier diese Modemarke kannte, hätten die Kleidungsstücke auch aus dem Brockenhaus sein können.
Nach Abzug der Steuern blieben ihm noch ca. 650’000 Franken, eine Riesensumme in seinem Herkunftsland, wo neunköpfige Familien mit 400 Euro oder noch weniger im Monat auskommen müssen.
Er gehört nicht zu den Lottomillionären, die bereits nach kurzer Zeit verarmen.
In seiner fussballverrückten Heimat liess er ein Fussballstadion mit verschiebbarem Dach und Läden und Restaurants im Mantel bauen.
Er vermietet es zu einem günstigen Preis an Sportclubs, auch Hochzeiten und andere Grossanlässe finden darin statt. Das Stadion ist immer ausgebucht – ein voller Erfolg.

Die Kleinkrähen und ihre Eltern verbrachten einen Teil der Frühlingsferien bei ihren skipetarischen Verwandten im Dorf. Dieses liegt in einer abgelegenen Gegend an der Grenze zu Montenegro und Albanien. Erwerbsarbeit ist rar und man ist froh, dass von der neunköpfigen Mehrgenerationenfamilie einer Arbeit hat. Blerim verdient in einer Fensterfabrik ca. 300 Euro im Monat. Dazu kommt noch eine Familienzulage von 70 Euro. Obwohl sich die Familie zum grossen Teil selbst versorgt, bleibt für die bescheidensten Zusatzwünsche (z.B. ein ausländischer TV-Kanal zum Fussball schauen) absolut nichts übrig. Mit materiellen Gütern werden die Kinder nicht verwöhnt, aber es fehlt ihnen nicht an Zuwendung und Fürsorge seitens der Eltern und Grosseltern.

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Yola im Vollmond

Nach ausgiebigen Anproben hatte Yola ihren Panzer gegen ein kleines Grünes eingetauscht. Schick und schlank sehe sie aus, fanden ihre Freunde. Aber in der Nacht lag Yola lange wach. Statt wie gewohnt mit einem Dach über dem Kopf, fühlte sie sich klein und schutzlos unter dem weiten Himmel mit Vollmond.
(Kessler, Siglint: Yola erfüllt sich ihren Wunsch, ISBN 9783794145911)

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