Von meinem Schreibtisch im 16. Stock sehe ich auf die unterschiedlichsten Kirchtürme.
Zwei Minuten vor der vollen Stunde spielt der sterngekrönte Glockenturm im Quartier seine Melodie. Jetzt, in der Adventszeit sind es alte Weihnachtslieder: „Kommet ihr Hirten“, „Lasst uns froh uns froh und munter sein“. Letzte Woche gab’s auch ein paar Takte Schneewalzer. Dann, zur vollen Stunde, läuten links von meinem Block die Glocken der reformierten und rechts die der katholischen Kirche. Auch das Glockengeläute der Friedenskirche auf dem Vejelihubel und dasjenige der Kirche im benachbarten Quartier sind zu hören. Unverwechselbar und in weiterer Ferne, das tiefe und volle Läuten der Münsterglocken.
Aussergewöhnlich ist heute das Glockenläuten um 15:00 Uhr. Einige Berner Kirchen, darunter auch die zu meiner Linken, halten sich nicht an die Empfehlungen des allmächtigen Synoldalrats und beteiligen sich im Zusammenhang mit der Uno-Klimakonferenz am „Weckruf zur Erhaltung der Welt„.
Der Synodalrat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn findet das Läuten der Glocken zwar eines der ältesten und stärksten Kommunikationsmittel, es sollte gerade deshalb mit grösster Zurückhaltung eingesetzt werden, um seine Kraft und Bedeutung nicht zu verlieren. Ja zum Läuten bei Katastrophen wie Krieg, Brand und Überschwemmung, aber nicht bei einer Klimakonferenz. Schliesslich werde für ökumenische und Friedens-Konferenzen auch nicht geläutet. Voilà!
Letzte Woche fragte mich ein Arbeitkollege, welcher mit einer Pfarrerin verheitratet ist, was meiner Meinugung nach die Kirche in der heutigen Welt noch tun könne. Ich sage: sich nicht ständig zurückhalten, läuten lassen!