Wir sitzen bei Rindfleischsalat nach Vorhersuppe und Appenzeller Bier auf der Terrasse. Sie nimmt ein paar Lottoscheine aus ihrer unergründlichen Tasche. „Die müssen wir unbedingt heute ausfüllen, es sind Millionen im Jackpot. Sag sechs Zahlen von 1 bis 42.“ Ich habe so keine Ahnung von Lotto. Nie hätte ich nur die geringste Hoffnung, einen Fünfliber zu gewinnen, geschweige denn ein paar Millionen in meinem Kopf zu verteilen. Nicht so die grosse Optimistin in meiner Familie. Sie rechnet mit 5 Millionen. Eine Million behält sie für sich, kauft damit eine Eigentumswohnung mit See- und Bergblick, voraus planend natürlich Rollstuhl gängig. Das Geld würde noch für einen „Camper“, ein Wohnmobil, reichen – ein Lebenstraum der Reiselustigen ohne Fahrausweis. Die zweite Million bekäme ihre geliebte und vernünftige Tochter Sanne. Die wüsste etwas Gutes damit anzufangen. In den Genuss der dritten Million käme die arbeitslose Nachbarin Iris mit ihren zwei gefitzten Buben, beide von afrikanischen Vätern. Mutter und Söhne wären dann einige Zukunftssorgen los. Dazu hat die Frau einen Fahrausweis und könnte, wenn sie möchte, die Sponsorin im Camper ausfahren. Die vierte Million wäre für Käthi und Fred. Einfach, weil sie langjährige liebe und zuverlässige Freunde sind und mit der Lottospielerin die Begeisterung für die Insel Elba teilen. Ausserdem haben Käthi und Fred einen Fahrausweis und würden den Camper auf jeden Fall chauffieren. Die fünfte Million – ich war einen Augenblick baff – sollte an mich gehen. Kaum zu glauben, wie schnell man eine Million ungeübt verteilen kann! Meine ist im Nu ausgegeben.
Während der Bauer Stöffu neben der Beizenterrasse sein Heu wendet, wähle ich niesend die nötigen Zahlen aus. Meine Schwester Rosy macht die Kreuzchen, entschliesst sich, der grösseren Gewinnchancen wegen, für zwei Ziehungen.
Am Mittwoch hats nicht geklappt, aber morgen wartet uns allen sicher das Glück.