Beinahe andächtig öffnet Ruedi (bitte nicht Hansruedi!) das Türchen mit dem roten F, zieht an der Schlauchrolle, tippt das rote Rädchen des Wasserhahns an, weist mit dem Kinn auf den Schaumlöscher daneben und fordert uns auf, falls „ein Ereignis“ eintrete, diese Geräte beherzt zu gebrauchen. Wir dürfen auch den roten Alarmknopf im grünen Kästchen drücken, um die Stahltüre ins Freie zu öffnen. Ein durchdringendes Pipipip ertönt, welches der Instruktor mit seinem Spezialschlüssel wieder ausschaltet. (Natürlich hat er vor dem Rundgang seinen Kollegen René von der Haustechnik über diesen Probealarm informiert). Uns werden auch die roten Kästchen mit dem schwarzen Alarmknopf und die darunter hängenden Löschdecken-Pakete gezeigt. „Kühlen Kopf behalten und unbedingt zuerst die Gebrauchsanweisug auf der Verpackung lesen, Brand von vorne nach hinten, von unten nach oben bekämpfen, nur das tun, was ihr euch zutraut“, instruiert uns Ruedi, „nie den Lift benutzen, wenn möglich das Treppenhaus ansteuern. Durch eine Dachklappe, die sich beim Eintreten des Ereignisses automatisch öffnet, werden Sie mit frischer Luft versorgt.“
Vom fünften Stockwerk bis ins 3. Untergeschoss gehts nun immer den grünen Fluchtmännchen nach. Ruedi öffnet hier und da ein Fenster, beschreibt die Tücken der unterschiedlichen Feuertreppen mit oder ohne Sturzschutz: „Klar, schafft ihr den Abstieg mit genug Angst in den Gliedern.“
Ich wage zu sagen, dass ich mehr Mühe hätte, aus dem hoch gelegenen Fenster zu klettern, als eine Feuertreppe hinunter zu steigen.

Stockwerk um Stockwerk gehts in den untersten Untergrund, wo sich ein Viertel des gesamt schweizerischen Archivmaterials befindet. Es müssen Kilometer von Bundesordnern sein, die fein säuberlich angeschrieben in den Compactus-Regalen stehen. Auffallend schön ist der Boden aus Industrieparkett.
Eine Stunde lang kann das Gebäude mit Notstromlampen, erkennbar an den orangen Kabeln, versorgt werden. Der Fluchtweg aus dem hinteren Teil dieses riesigen Archivs ist eine Leiter in einem engen Schacht. Der Deckel hinaus ins Freie lasse sich gut öffnen – falls der Direktor sein Auto nicht darauf parkiert habe, was kein Witz sei. Abschliessend zeigt uns Ruedi noch das Sanitätszimmer, wo sich neben Pflaster und Kopfwehtabletten auch ein Defibrillator befindet. Die Schulung „Verhalten im Brandfall“ ist somit zu Ende. Wir unterschreiben alle, diese vorschriftsgemäss erhalten zu haben. Ruedi hat für sein Engagement einen Applaus fräveli verdient.
Eines ist sicher, hier ist man auf dem neuesten Stand im Falle, dass ein Ereignis eintreten sollte, im Gegensatz zu der Institution auf der anderen Strassenseite!

Mich wunderts, dass eine Stadt, die hauptsächlich auf Sand und Papier aufgebaut ist, so alt werden kann.