Rehe an verschneiten Waldrändern sind selten geworden. Als ich ein Kind war, kamen sie in kalten Wintern oft bis an unser Haus heran und knabberten an der Rinde der Obstbäume. Wir beobachteten die scheuen Tiere durch die vereisten Fenster.
In den vergangenen Wochen suchten sich einige Rehe ihr kärgliches Futter an einem Wald- und Strassenrand auf dem Längenberg. Gestern fuhr ich wieder diese Strecke. Die Rehe waren verschwunden. Zwei Jäger hatten ihr Auto am Waldrand geparkt und zogen mit ihren Flinten in die Hügel. Wahrscheinlich gab es „Reklamationen aus der (landwirtschaftlichen) Bevölkerung“. Denn nur so kann ich mir erklären, dass sich die Weidmänner ausserhalb der Jagdsaison auf der Pirsch befanden.
(In dieser Gegend bewahrt man die alten Wolfsnetze in der Kirche auf!)

Hier noch eine Geschichte aus erster Hand:
Vor vielen Jahren nahm ein junger Bauer, dem es in den „Högern und Chrächen“ am Längenberg zu eng geworden war, neben Frau, Kind und Kuhglocken auch eine Katze mit über den grossen Teich. Der Existenzkampf in der Fremde auf einer Farm war hart, das jahrelange Sitzen auf einem mächtigen Traktor zerrte an den Kräften.
Dieser Sohn der Region braucht nun dringend einen Heimaturlaub. Die alte Katze lebt nicht mehr. Aber ihre Urenkelin soll zurück zu ihren längenbergischen Wurzeln reisen dürfen. So wird die Katze in einem Körbchen oben auf das Gepäck gestellt und in einem kanadischen Flughafen Richtung Schweiz verladen. Bei der Kontrolle des Gepäckraumes ist der Käfig leer. Wo ist das Tier? Nach langem Suchen findet man es zerquetscht zwischen den Gepäckstücken. Mit Verspätung kann das Flugzeug abfliegen, allerdings ohne die Heimaturlauber. Es gilt, den Kadaver zu entsorgen, die entsprechenden Formalitäten zu erledigen und einen neuen Flug zu buchen.

So wie ich gehört habe, ist die Zahl der auswanderungswilligen Katzen auf dem Berg sehr zurückgegangen.