Da kann’s stürmen, schneien, bei Minustemperaturen einem den Wintermantel um die Waden winden oder sogar erdbeben, der Frühling ist da und mit ihm der Bärlauch. Der Orange Riese überschlägt sich gerade mit Produkten, welchen saisongemäss dieses Wildkraut beigemischt wird: Brat- und Lionerwürste, Schinken, Fusscreme, Käse, Antischuppenschampoo, Brotaufstriche, Teigwaren, Saucen, Salate, Möbelpolitur gegen Wasserflecke … Verarbeitet mag ich Bärlauch jedenfalls nicht mehr sehen.
Den ganzen Winter über hat mich der Verlust des Gartens geplagt. Den Fussweg dem Zaun entlang vermied ich, denn ich wollte mir den tristen Anblick der leergeräumten Beete und des nun mit Abfall verschmutzten Sitzplatzes ersparen. Im Januar machte ich einmal einen „verbotenen“ Besuch im Garten, um so viele Schneeglöckchenbüschel auszugraben wie ich tragen konnte. Diese pflanzte ich dann in die Rabatten vor den Block. Zusammen mit dem Hausmeister und zur Freude einiger Bewohner*innen jätete und hackte ich anfangs März auch das Kräuterbeet vor dem Haus. Wir klaubten die unzähligen Zigarettenkippen, die bei uns täglich von den Balkonen vom Himmel fallen, zwischen Rosmarin- und Lavendelbüschen raus, bis alles „e gueti Falle“ machte (gut aussah). Vielleicht war ja jetzt die Zeit gekommen, wo ich mich auf das „Chräbele“ von Blumenrabatten und einem gemütlichen Schwatz mit den Nachbarn – im Moment sind es glückliche Impfgeschichten – auf dem Bänklein vor dem Block beschränken sollte?

Zeitweise schien mir in den vergangenen Wochen, als hätte ich Harz an Händen und Füssen. So dauerte es z.B. drei Tage, bis ich einen Buntstift, den ein Enkelkind im Badezimmer liegen liess, in die Farbschachtel versorgt hatte. Immer wieder wurde der Stift von mir zwischengelagert und tauchte an den unmöglichsten Orten auf.
Trotz Pandemie und nach Kalender meldete sich bei mir das Bedürfnis, jetzt zu putzen. In meiner Kindheit kannte ich den „Frühlingsputz“ nicht, denn da waren meine Eltern mit den ersten Feldarbeiten beschäftigt. Später hatte ich dann das Glück, „Ossim Pessach“ kennen zu lernen. Sie alle fegten und polierten ihre Wohnungen vor Pessach bis in die hinterste Ecke blitzblank. In jedem Haus verbreitete sich eine heitere Aufregung, der man sich nicht entziehen konnte. „Ossim Pessach“, wurde mir erklärt.
So ergab ich mich auch dieses Jahr wenigstens ein bisschen diesem Putzbedürfnis, fing mit den Besteckschubladen an und machte mich dann an die ersten Tablare der Büchergestelle. Am Ende der Woche hatte ich 648 Bücher und ihre Bretter – mit vielen Leseunterbrüchen – gereinigt.
Eines ist sicher: weder bis Pessach noch bis Ostern werde ich fertig sein, aber immerhin ist endlich der Harz an Händen und Füssen weg.