sind rührend. Der vis-à-vis, der sich – benebelt vom Alkohol – vor unserer Tür aufbaute, so gut es eben ging und bekannte, es sei so, so schade, dass wir ausziehen, ich sei eine „so, so gueti Frou“. Die langjährig befreundete Makedonierin, die vorbeikam und sich gleich zweimal entschuldigte: „Für alle meine Fehler, die ich gemacht habe in diese ganze Zeit, wo wir wohnen zusammen.“ Und: „Dass ich bin krank und bin mit meine Enkel die ganze Zeit und kann nicht dir helfen mit Zügel.“ Und die Schweizer Nachbarn, die einerseits etwas ungehalten und andererseits auch verständnisvoll sind und immer wieder betonen, wie wichtig wir für den ganzen Block und den Quartierverein gewesen seien. Die siebenköpfige Familie aus dem 8. Stock, die sehr gerne unsere Wohnung übernähme und für dich ich deswegen der Verwaltung gschrieben hatte, die bedankte sich so überschwänglich, dass es mir peinlich war,. Ich fürchte, sie überschätzen meinen Einfluss enorm. (Und wenn die Verwaltung hier kompetent wäre, sähe vieles anders aus.)

Natürlich ahnen die Leute, dass wir auch wegen des Zustandes, in dem unsere Blöcke und Wohnungen sind, wegziehen. Aber darüber reden möchte ich mit ihnen nicht. Denn die meisten müssen ja hier bleiben, um ihre verschiedenen Heimaten, ihre versprengten Familien und deren teilweise grotesken Ansprüche mit ihrem Einkommen zu finanzieren. Ich sage deshalb allen, wir zögen zu der Verwandtschaft von 2nd, male. Das stimmt (zufällig, wir haben uns auf eine normal ausgeschriebene Wohnung beworben) und vor allem versteht das jeder hier gut.

Auch wenn ich nicht weit weg sein werde, werde ich die Leute von hier im Alltag vermissen. Mir ist die Nachbarschaft sehr wichtig und wie ich gestern gemerkt habe, auch 3rd, male. Wir sassen in der Quartierpizzeria und 3rd meite, nachdem er mit ein paar Alkis geplaudert hatte, dass er sich die neue Nachbarschaft schlecht vorstellen könne. Er kennt nur die Namen von den Einträgen im Waschküchenbuch, das ohnehin viel sauberer und ungebrauchter aussieht als unseres. 3rd ist hier aufgewachsen, er kennt x-silbige Familiennamen, spanische Trippelnamen und eine Menge „ics“ und „itis“. Es reut ihn ein wenig, nicht mehr zwischen den Welten zu wechseln, sondern im Schulalltag und Wohnalltag eine ähnliche mittelständische Umgebung zu haben. Mir geht es genau so.

Aber eigentlich wissen wir ja bloss, wie’s war mit den alten Nachbarn und nicht, wie’s wird mit den neuen.