So 16 Jan 2005
.. ist die gelblichweisse Standartfarbe, in welcher die meisten Mietwohnungen und Spitalkorridore gestrichen werden, erklärt mir meine Freundin C. Sie ist als ausgezeichnete Flachmalerin in der Stadt und der Region bekannt, wird von den Kunden und Kundinnen weiter empfohlen. So kam ihr Arbeitgeber, ohne Auslagen für Werbung, einmal mehr zu einem Grossauftrag. Seit Dezember bis Ende April arbeitet sich C. mit Pinsel, Abdeckplane und Farbkübel auf Rädern durch die Gänge des Spitals am Fusse unseres Hausbergs. Die Wände werden mit Glanzdispersion, die Türzargen, d.h. die metallenen Türrahmen, mit einer wässerigen grauen Farbe gestrichen, deren einziger Vorteil es ist, dass sie nicht stinkt. Auf ihr sieht man jeden Handabdruck, der nur schwer zu reinigen ist.
Die Znünipausen könnte meine Freundin im engen Abstellraum des Technischen Dienstes verbringen, wo die Männer ihre Brote essen und in den Zeitung vom Vortag blättern. Stattdessen tigert die Frau in dieser Viertelstunde durch die noch ungestrichenen Gänge von der Geriatrie zur Radiologie an den Laboren vorbei Richtung Chirurgische Klinik, sucht, um etwas Abstand von 90/10 zu bekommen, ein weit entferntes WC auf.
Die Leute sind freundlich und mit der sauberen speditiven Arbeitsweise des weiblichen Malers zufrieden. C. könnte Hausmalerin werden. Das wäre eine sichere Stelle bis zur Pension in 25 Jahren. Mit der Materialschlepperei über Treppen und Gerüste bei jedem Wetter wäre es dann vorbei, denn hier gibt es Lifte. Es gäbe dann aber auch keine Engel-Wolken-Decken in vornehmen Schlafzimmern mehr, die C. unter anderem auf Wunsch besonders gerne und ohne 90/10 malt. Bis Ende April hat sie Zeit auszurechnen, wie oft das ganze Spital in zwei Dutzend Jahren total neu gestrichen werden könnte.
Ich verstehe, dass sie dabei fast verrückt wird.
UPDATE 18.01. SMS von C. an 1st, 18.01., 08:52:13
… habe gerade das aufbahrungsräumli fertig. Die da liegen,meckern nicht über malergestänke.Jetzt geh ich in die kantine.Juhuii.Nachher in die putzräume,die nat.Nicht ausgeräumt sind.Hoffe, du hast einen angenehmen tag.Tschüüss,c
Januar 20th, 2005 at 15:52
Psst!!! Schockierende News! Nur für Insider!
Ich weiß aus nur schwer zugänglichen Geheimquellen, dass C. mit dem Gedanken gespielt hat, den „Aufgebahrten“ oder „Aufbewahrten“? auf ihre Reise einen kleinen Farbtupfer auf die Nase mitzugeben!
Was sagt man dazu?
Januar 22nd, 2005 at 00:28
„Klopfen nützt nichts?“
C. kann heute nicht in den Aufbahrungsraum rein und fragt eine dahineilende Krankenschwester, ob sie die Mechanismen dieser Tür verstehe…? Deren verwirrte Antwort :“Klopfen nützt nichts, oder?“, bereitet C. den unnachahmlichen Genuss, den nur der mit viel Humor getragene Alltag bescheren kann. Alltägliches, Geheimnisvolles, Liebevolles, Sterbliches. Einfach so ein Tag.
Januar 22nd, 2005 at 01:39
Es ist so angenehm, nach all den Leichen-Berichten der Journalisten der Welt (was sollten sie auch sonst schreiben, war ja wohl wahr) etwas so Liebevolles über Mausetote zu lesen.
Januar 25th, 2005 at 12:11
c ist eine wirklich sehr gute malerin!
sie hat mein zimmer und das meiste unserer wohnung gestrichen!
sie ist die beste malerin der welt!
:-))))) liäbs g¨üässli von n
Januar 25th, 2005 at 18:32
Unbedingt, liebe Natascha, unbedingt.
Sie malt die Wirklichkeit in Herzensfarben.
Januar 26th, 2005 at 13:35
ja ich weiss! ich wünsche mir auch himmelblaue wölklein an der decke sagt t! und ein paar ängeli wären auch super! du kennst sie ja!
liebe grüsse n und t
März 7th, 2005 at 14:20
Heute ist c im Lift, den sie zu streichen gedachte, steckengeblieben. Nach einer guten halben Stunde rettete der technische Dienst.
Wirklich langweilig ist doch auch ein Spitalaufenthalt nie…
Schöne Grüsse soll ich ausrichten!