Sa 19 Dez 2009
Heute hätte ich das alte Brot in die Sammelstelle (für die Tiere des quartiereigenen Tierparks) bringen sollen. Ich liess auf dem Weg dahin den ehrbaren, vor Gezeiten genähten Sack aus der familiären Erbmasse urgrossmütterlicherseits kurz unbeobachtet stehen.
Als ich einen Moment später zurückkam, hatten sich drei Leute, eine ältere Frau und zwei sehr alte Männer, darum versammelt. Ich blieb in einiger Entfernung stehen und hörte, wie die beiden Männer rätselten, wer wohl diesen Sack hier stehen liesse und was sich darin befinde. „Das ist sicher eine Bombe!“ meinte die Frau todernst. Aber die Neugier der betagten Herren siegte über die Furcht vor dem hinterlistigen, feindlich gesinnten Nachbarn. Wie zwei kleine Schuljungen, die gerade einen Streich aushecken, schauten sie sich nach allen Seiten um. „Ich gehe dann mal“ meinte die Frau ängstlich, immer noch vermutend, in dem Sack befinde sich garantiert eine Bombe. Ich kam nicht auf die Idee, die beiden alten Leute aufzuklären, dass das meine Tasche sei. Da sie eine unglaubliche Euphorie an den Tag bzw. Sack legten, schien es mir, das sei mindestens die Attraktion des Tages für sie, wenn nicht gar der Woche. Da wollte ich ihnen diese Freude natürlich nicht nehmen. Endlich fasste sich der eine ein Herz und öffnete die Brottasche. „Das si ja Chrümi!“ rief er laut, „di ganzi Täsche vou Chrümi! “
„Aber wer lässt denn eine Tasche voll mit altem Brot hier einfach so liegen?!“ empörte sich der Andere. Ich, immer noch hinter den beiden stehend, fühlte mich irgendwie ertappt und ging mit schnellen Schritten an ihnen vorbei und raus aus dem Ladenzentrum. Ich sah sie durch die Schiebetüre noch lange über die uralte Tasche mit dem steinalten Brot reden, diskutieren und darüber philosopieren, woher es wohl stamme und was jetzt damit zu tun sei. Ich liess sie mit dem Behältnis alleine und ging nach Hause, wo ich erst erfuhr, dass dieser Sack wohl durch tausende Hände gegangen, aus einem Küchenschurz genäht war und Generationen überdauert hatte. Er ist bei diesen beiden Alten in besten Händen.
Dezember 20th, 2009 at 10:42
Solche „Chrümi“ haben wirklich ihr Gutes. Damit bringen die Weiblein ihre Tauben locker durch den Winter;-)
Dezember 21st, 2009 at 09:30
Eine der absolut lustigsten Geschichten dieser Tage 🙂
Wem von uns ist das nicht auch schon passiert, etwas mal grad kurz unbeaufsichtigt stehen gelassen zu haben: Rosenstöcke, Taschen mit Wolle, Danksagungen…
Dezember 26th, 2009 at 14:41
Naja, das mit den Tauben will ich nicht gehört haben. Die Tasche aber ist wieder aufgetaucht, auf dem Spielplatz der Nachbarssiedlung, sorgsam an der Lehne der Parkbank aufgehängt. Ganz und sauber. Wir haben sie wieder mitgenommen.