Fr 3 Mrz 2006
An ihrem 60. Geburtstag entschloss sich meine Nachbarin, den Vater ihrer vier Kinder zu heiraten. Die beiden, sie Schweizerin, er Marokkaner, liessen sich vor Jahren, als das vierte Kind unterwegs war, in der Schweiz zivil trauen.
Nun sollte die Ehe auch nach marokkanischem Recht geschlossen werden. Das Problem waren aber die drei ausserehelichen Kinder vor der Heirat nach schweizerischem Recht. Ein marokkanisches Gericht musste abklären, ob es sich hier wirklich um die leiblichen Nachkommen des Bräutigams handelte.
Zum Glück kannte der Kindsvater einen, der einen kannte, welcher der Freund des zuständigen Richters war. Es kostete ein paar feine Essen und das nötige Vaterschaftspapier konnte unterzeichnet werden. Die Trauungen im deutschsprachigen Raum finden in Düsseldorf statt. Das Brautpaar stellte sich also eine Stunde zu früh vor die marokkanische Botschaft, schaffte es, im Gedränge den 3. Platz zu halten und wurde ohne Zwischenfälle getraut.
Erst heute hat sich meine Nachbarin das marokkanische Familienbüchlein etwas genauer angesehen.
Darin gibt es Platz für vier Frauen und sechzehn Kinder!
„I ha eifach e Lachchrampf übercho,“ sagte sie mir.
In meinem Familienbüchlein, ausgestellt vom Zivilstandsamt Kanton Bern, ist Platz für zehn Standesänderungen (Tod, Scheidung, Heirat) und acht Kinder. Für weitere Kinder können auf dem Amt Zusatzblätter angefordert werden. Der einzige Unterschied zu Marokko: Die Formulare sind gratis. Die Beamten müssen nicht unbedingt zum Essen eingeladen werden.
März 3rd, 2006 at 15:47
Ach, ich freue mich, dass sie es endlich geschafft haben! Ich glaube nicht, dass irgend ein Hahn oder eine Henne je nach diesem marokkanischen Familienbüchlein krähen wird.
Jawohl, es ist noch krasser, als du schreibst: Bei uns dürfen sich die Beamten gar nicht zum Essen einladen lassen.
März 3rd, 2006 at 19:13
Bekomm auch fast einen Lachkrampf. Wenigstens hat König Muhammad V. vor zwei Jahren das Gesetz so geändert, dass sich Frauen nun scheiden lassen dürfen.
März 4th, 2006 at 09:51
Gaaaahahaha! Herrlich! Das wäre einen größeren Vergleich wert: „Familienkulturen der Welt im Spiegel der standesamtlichen Stammbücher.“
März 5th, 2006 at 19:01
Ein prächtiger Dissertationstitel, liebe Kaltmamsell! Und da behaupten die Studierenden oft, sämtliche Themen in der Soziologie, der Psychologie, der Ethnologie und der Geschichte usw. seien hoffnungslos abgegrast;-)