Mi 11 Mai 2005
Heute wurde ich wieder mal auf meine Luftröhrenschnittnarbe angesprochen. Als ich noch mit meinen Gipsbeinen rumhumpelte und noch keine Zahnprothese hatte, wurde mir hie und da die Frage gestellt, was denn passiert sei. Je nach Situation hatte ich mir meine Standartsätze zusammengebastelt. Heute überlegte ich nicht viel und sagte, dass Johannes Paul mit diesem Luftröhrenschnitt-Trend angefangen habe. Da sei es für mich als seine treue Anhängerin schon ein Muss gewesen…
Der wahre Grund für den Luftröhreschnitt waren schwerste Verletzungen nach einem Suizidversuch:
Da ich durch meine Kieferverletzungen sehr geschwollen war (wow, als mir eine Pflegerin zum ersten Mal einen Handspiegel hinhielt, glaubte ich wirklich, einer fremden Person ins Gesicht zu schauen), machten sie mir diesen Schnitt, um mir eine Kanüle einzusetzen und mich auf diese Weise künstlich zu beatmen. Als ich aus dem Koma erwachte, hatte ich das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen. Ich bekam solche Panik. Die Kanüle musste immer wieder ausgewechselt werden. Um den Schleim in meiner Luftröhre zu entfernen, mussten die Pflegenden mir ein langes Schäuchlein in meinen Schnitt reinstecken und dann begann ich wie verrückt zu husten. Dies musste ziemlich schrecklich anzusehen und anzuhören sein. Aber das war für mich sehr wohltuend. Danach konnte ich wieder für einige Zeit ruhig atmen. Durch den Luftröhrenschnitt konnte ich weder sprechen noch riechen. Das Pflegepersonal brauchte am Anfang ganz schön viel Geduld mit mir, bis sie aus meinen Gesten schlau wurden. Und vor allem blieb ich sehr hartnäckig und liess nicht locker, bis ich verstanden wurde.
Da ich das rechte Handgelenk gebrochen hatte, kritzelte ich mit meiner linken Hand Buchstaben auf einen Block. Erst nach einiger Zeit merkte ich, dass ich nichts sehe, da ich keine Brille hatte und darum meine Striche keinen Sinn ergaben. Als ich ihnen dann zu verstehen gab, ob sie meine Brille organisieren können, wurde alles ein wenig einfacher. Mein erstes geschriebenes Wort war übrigens „BREAK“. Keine Ahnung, warum ich nicht „PAUSE“ geschrieben habe. Da sie mich dauernd durchbewegen, waschen, Verbände wechseln mussten, sehnte ich mich nach nichts mehr als nach einer Verschnaufpause. Die Ärzte waren total begeistert, dass ich mich auf diese Weise verständigen konnte und gönnten mir meine Pause von Herzen.
[Aus der E-Korrspondenz mit einer erwachsenen Schülerin, von ihr genehmigt.]
Mai 11th, 2005 at 22:54
Bin ich froh, dass diese junge Frau noch lebt! Sie hat noch einiges zu sagen und zu schreiben.
Mai 27th, 2005 at 11:17
Als ich auf der Intesivstation lag, habe ich meine Krankenschwester immer wieder völlig verzweifelt angefleht, ob sie mir nicht irgendwas durch meine Infusionsschläuche spritzen könne, damit ich endlich von meinem qualvollen Kampf auf Erden erlöst würde.
Jedesmal sass sie an mein Bett, wischte mir behutsam meine Tränen vom Gesicht und fasste sanft meine Hand. Mit ihrer beruhigenden Stimme erklärte sie mir immer wieder von Neuem, dass sie dies nicht tun dürfe. Mit meinen Augen und Gesten sagte ich ihr, dass ich diese höllischen Schmerzen aber nicht überstehen würde. Dass ich keine Kraft mehr habe. Sie erwiderte, sie spüre, dass ich ein starker Mensch bin. Dann gebrauchte sie ähnliche Worte wie Ima. Und um diese Worte bin ich so dankbar. Sie geben mir Kraft und Mut.
August 15th, 2005 at 21:19
Hi!
Ich habe eher eine Frage als einen Kommentar.
Wie kommst Du mit deinem Luftröhrenschnitt im nachhinein klar – als die Wunde geschlossen und gut verheilt war?
Stark – das Du so gut durchgehalten hast.
Grüßle
Maria
September 17th, 2005 at 19:52
@maria: Danke für Deine Nachfrage. Mit meinem Luftröhrenschnitt komme ich ganz gut klar. Manchmal ärgere ich mich zwar schon und denke, dass dieser rosarote Fleck nicht unbedingt sein müsste. Aber das ist ja wirklich nur ein kleines Detail. Meine Füsse und Zähne machen mir schon um einiges mehr Sorgen.
Oktober 17th, 2005 at 10:57
Hallo,
vor 25 jahren hatte ich einen darmverschluss, der mitten in der nacht operiert werden musste. als ich wach wurde, war ich heiser.
Das legte sich auch nicht…
nach ca. sechs wochen bekam ich nach einem hustenanfall keine luft mehr.
mein mann brachte mich ins krankenhaus, die ärzte suchten verzweifelt den grund, aber fanden nichts.
nach 14 tagen war es so schlimm geworden, dass man den luftröhrenschnitt machen musste…..ich war vollkommen am ende und wollte mich umbringen….ich war doch noch so jung und hatte zwei kleine kinder!!
Ein paar monate war ich dann zu hause, musste aber immer wieder zur kontrolle ins klinikum…..eines tages kam ein oberarzt, schaute mich an und ordnete eine spiegelung an.
Er fand die ursache….
nach mehreren op`s war ich dann wieder einigermassen salonfähig……
habe eine stimmbandlähmung und bekomme nur 50 % luft.
man hatte mir bei der op am darm die luftröhre mit dem tubus verletzt!!!
lg marianne
Oktober 21st, 2005 at 08:33
Bei mir wurde am 4.11.04, also knaoo vor einem Jahr während einer Schilddrüsen-OP ein Luftröhrenschnitt durchgeführt.Ich hätte während der OP Panik bekommen und daher diese Trachektomie.Wie lange dauert in der Regel die Rückverlegung.Kann mit der Nachtkanüle einige Worte sagen,auch wenn ich die Kanüle wechsele und auf das Stoma einen Tupfer lege,kann ich sprechen.Bei der letzten Untersuchung am 19.10.05 sagte man mir, die Stimmlippen würden sich noch nicht bewegen und das dauere dann auch noch eine Zeit.
Oktober 28th, 2005 at 04:52
Ich finde es sehr gut und interessant, dass auch ältere Blog-Einträge neue Kommentare erhalten!
Mai 31st, 2006 at 22:06
Ich habe vor sieben Wochen einen Luftröhrenschnitt bekommen, da ich neben meiner Darmerkrankung (Morbus Crohn) mit der ich eigentlich ins Krankenhaus kam eine Lungenembolie bekam. Ich lag 8Tage in Koma. Heute habe ich das erstemal die Narbe gesehen, ich war geschockt. Meine Pflegeschwester meinte es wäre nun zugewachsen und man bräuchte kein Verband mehr. Es ist aber immer noch ein sichtbares Loch in der Göße eines Bleistiftes. Ich komme damit überhaupt nicht klar, ohne Halstuch traue ich mich nicht auf die Straße. Ich hoffe das die Narbe bzw. das Loch noch etwas verschwindet. Ich weis ja nicht ob es sich nach einiger Zeit verändert. Finde auch keine Fotos im Netz vielleicht kennt jemand eine Internetadresse. Es würde mir viel bedeuten.
Juni 1st, 2006 at 10:21
Hallo Ich habe swar keine bilder,aber hatte vor 2 jahren genau das gleiche schiksal wie du.Mach dir nicht so viel sorgen,bei mir sieht man fast nichts mehr von der narbe. War aber damals auch erst shokiert.Man hat erst richtig angst bekommen.Hoffe Ich konnte dich ein bissen beruhigen.
Dein mit leidender Susan
Juni 1st, 2006 at 17:03
Hallo Susan
Vielen Dank für deine Antwort.
Bin jetzt schon ein bischen beruhigter.
Ich denke mal es hat auch viel damit zu tun das ich wegen der Narbe immer an die schwere Zeit erinnerst werde.
Trotzdem nochmals vielen vielen Dank
Gruß Tinka
Juni 1st, 2006 at 22:22
@Susan
Deine Zeilen an Tinka finde ich wirklich nett. Danke!
September 10th, 2020 at 20:57
Hallo ihr Lieben,
ich hab letztes Jahr 2019 im Dezember einen Not-Luftröhrenschnitt, der war so eilig angelegt dass ich erst eine Verschönerung um den Tubus bekam. Als der Tubus dann endlich in der Reha mit einer Kurznarkose entfernt wurde, wuchs das Loch in Form einer Rosette zu. Ich war so unglücklich! Mit einem Arschloch am Hals wollte ich mich nicht abfinden. Zum Glück im Unglück, hat sich eine Verengung im Hals nachgewiesen, so dass sie das Loch zu einer normalen Narbe machten. Da hatte ich erhebliche Nachblutungen und musste immer einen Druckverband drauf machen lassen und auch noch mit einem Sandsack beschweren. Ich hatte wochenlang keinen Appetit. Wenn ich was gegessen hab, kam es oft wieder rückwärts so dass ich tagelang nichts gegessen hatte. Die Pflegekräfte sind im Krankenhaus mit mir verzweifelt. Jetzt ist alles so einigermaßen verheilt, aber ich habe trotzdem noch oft das Gefühl mich würgt jemand oder der Kragen vom Oberteil is super eng. Es ist furchtbar!
Hat noch jemand das Gefühl? Geht das weg? Mir sagen sie alle dass die Nerven wieder zuwachsen. Was kann ich gegen das Gefühl machen?
Weiß mir jemand einen Rat? Hilfe!