Di 20 Nov 2012
Sommer 1967, Kibbuz Daliah: Auf meinem Ehrenposten als Erzieherin im Kinderhaus mit zwei meiner Lieblinge
Als im Juni 1967 das Land einen Krieg gegen eine Übermacht gewann, wollten plötzlich – innerhalb von sechs Tagen – unzählige Menschen, besonders solche aus Europa, etwas für „die Sieger“ tun: Essen, Geld, Kleider spenden, als freiwillige Helfer ins Land kommen. Die Pakete und Briefe an die verwundeten Soldaten im Militärspital Tel haShomer füllten bereits in der ersten zwei Kriegstagen ein Krankenzimmer. Die ausländischen Zeitungen waren voll von Berichten über den „Dreifrontenkrieg Davids gegen Goliath“. Das kleine Land hatte über Nacht viele begeisterste Freunde gewonnen, und Kettchen mit dem sechszackigen Stern baumelten an unzähligen Hälsen.
Heute kann man an jedem Tisch ungeniert überall über alles reden: Mord, Betrug, Drogen, Beziehungen bis ins intimste Detail, Geld, Menschen- und Waffenhandel, nur eines sollte man unbedingt bitte, bitte vermeiden: ein einziges gutes Haar an dem oben erwähnten Land zu lassen, ja, überhaupt seinen Namen zu erwähnen! Besonders jetzt, vor den Wahlen, ist das ganz, ganz schlecht! Nur der Hauch eines Verdachts, man könnte ein Freund dieses Landes sein, ist übel, wird dieser Kandidatin sicher einige Stimmen kosten.
In den letzten Tagen habe ich in meinen Archivschachteln gestöbert, Dutzende alte Briefe und Berichte gelesen, Fotos gefunden, den Haushalt dadurch vernachlässigt, gedreht und gewendet: ich bin israelfreundlich. Bin gespannt, ob ich morgen „Freunde“ verliere, wenn ich nun das Tabu-Wort ausgesprochen habe.
Weiteres aus meinem Archiv, damit dieser Blog-Eintrag ja nicht einseitig bleibt:
Vor, während und nach der Intifada haben sich die Palästinenser Witze erzählt und auf diese Weise ihre Geschichte verarbeitet. Professor Sharif Kanaana, Ethnologe an der Westbank-University Bir Zeit hat die Witze seit dem Beginn der Intifada systematisch gesammelt und damit ein Stimmungsbild des palästinensischen Volkes entworfen.
(Aus: Die Weltwoche, Nr. 6/8.Februar 1996, S.4)
Hier eine Auswahl:
Auf einer internationale Auktion werden Gehirne versteigert. Warum erzielt ausgerechnet das palästinensische Cerebrum den höchsten Preis? Weil es noch nie gebraucht wurde.
Der israelische Regierungschef Shamir hat vor Gott einen Wunsch offen. Shamir will endlich Frieden. „Das wird noch zu deinen Lebzeiten passieren“, verspricht ihm der Allmächtige. Auch Arafat darf eine Bitte vorbringen. Er möchte endlich einen palästinensischen Staat. Ihm sagt der Schöpfer aber: „Das wird nicht einmal zu meinen Lebzeiten Wirklichkeit werden.“
Bei einer Ausgangssperre setzten bei einer Palästinenserin die Wehen ein. Israelische Soldaten fahren die Frau in ein nahe gelegenes Spital, wo der Arzt feststellt: Es sind Zwillinge. Wie der erste den Kopf heraus streckt und die Uniformierten im Kreisssaal erblickt, schlüpft er zu seinem Zwillingsbruder zurück und ruft ihm zu: „Achmed, wir sind umzingelt. Bring Steine.“
Arafat besucht die Ruinen von Jericho und findet eine Wunderlampe. Er hält seine Hände darüber. Ein Geist erscheint ihm und verspricht, dass jeder Wunsch in Erfüllung gehe. Arafat gelüstet es, Jerusalem als Hauptstadt Palästins zu erhalten. Das sei schwierig, meinte der Geist und forderte den Rais auf, einen zweiten, etwas leichter zu realisierenden Wunsch vorzubringen. „Ich möcht‘ ein Kind haben“, sagte Arafat. Worauf der Geist schnell erwidert: „Dann versuchen wir es doch vielleicht lieber mit Jerusalem.“
Foto: Chris Mirsch
November 20th, 2012 at 08:33
Mir ist die Selbstgerechtigkeit in Bern in dieser Frage furchtbar peinlich, ich versuche dem Thema auszuweichen, wo ich nur kann und gehe lieber in die Mani-Matter-Ausstellung.
Lilas Sohn und Tochter mobil gemacht – aber jeder, der in Daliah Kinder bekommt, weiss, dass es soweit kommen wird. Das hört ja nie auf.