Mo 2 Mai 2005
der Sonntag wurde bei uns zu Hause „geheiligt“. Da tat man, ganz nach Dem Gesetz, kein Werk. Auch wenns die ganze Woche ins Heu geregnet hatte und es am Sonntag endlich trocknete, alles blieb liegen bis am Montag. Die emsigen Nachbarn konnten meine Eltern nicht nervös machen. Diese spielten mit uns Ball auf der Einfahrt. Manchmal legten wir ein sauberes Leintuch auf den Graswagen und assen Mutters Fladenkuchen „Gleichschwer“ mit Äpfeln oder Kakao oder wir machten eine kleine Reise nach Thun, setzten uns alle an die Strassenböschung und schauten auf den Bauplatz, wo die Autobahn nach Spiez entstand.
Die Dörfler fanden uns etwas seltsam, weil wir am Sonntag nie eine gute Gelegenheit beim Schopf packten. Aber am Ende des Sommers hatten wir nicht weniger Vorräte als die anderen Bauern.
Obwohl es die Musse heute schwerer hat, (man „präpt“ für die Schule, erledigt Post, liest die liegen gebliebenen Zeitungen, tut „es Wöschli ob, putzt Tablare, bügelt, packt Mappen und Taschen für die kommende Woche), kommt es auch heute noch vor, dass jemand am Sonntag „das Heu liegen lässt“:
Montags-Email von M.:
… Habe in der Nacht auf Sonntag von Kälbern geträumt. Huch. Gestern haben mir Gänse im Köniztal den Weg versperrt. Die sahen „hennegänseaggressiv“ aus und haben gegackert und gefaucht. Ich gebe schon bald eine dieser Romanfiguren von einem Schweizer Autor ab, weisst du, so eine, die über die Höger geht und nichts sagt und geht und Berge kuckt und geht und frisches Holz riecht und geht und Bussarde hört und geht und geht und geht. Du lieber Himmel …
Liebe M.
diese rässen Hunde, die Traktoren, Kälber, Truten, Hähne, elektrischen Drähte, Gänse, Lamas, Wasserbüffel, Damhirsche machen den Längenberg wirklich zur Camel Trophy im Naherholungsgebiet.
Mai 3rd, 2005 at 09:31
Wie schade auch, dass du sonntags nicht mehr das Leintuch auf den Graswagen und Mutters Fladenkuchen “Gleichschwer” mit Äpfeln oder Kakao. Ich würde winken, würde dir vielleicht vom Grün erzählen und vom Frühling, dir ein bisschen jammern über die braunen Hunde und witzeln über die schwarzen Ochsen, lächeln würden wir ganz sicher nicht über die im Wind hängenden gelben Fahnen. Gut möglich, dass ich hören würde ein rot pochendes Herz unter dem Wolkenhimmel.
Mai 3rd, 2005 at 14:16
Lieber ein rot pochendes Herz, als die roten Fahnen am Burgerspittel!
Mai 6th, 2005 at 22:29
Ah genau, das kenne ich. Dort habe ich vor Jahren mein Kuhtrauma bekommen. Was tun, wenn die gelangweilten Kühe plötzlich die Städterinnen verfolgen? 1st meint: Ruhe bewahren, liebe Worte an sie richten und im letzten Moment ein paar Schritte zur Seite treten. Und jetzt, werden wir bald von Straussen, Känguruhs und Krokodilen gejagt?