Mi 23 Nov 2005
Sie werde zwar ein bisschen ausgelacht wegen ihrer Vorliebe zu Barchent-Bettwäsche, erzählt mir meine Freundin C. Dabei gebe es besonders des winters nichts Angenehmeres und Wohligeres als diese. Stimmt, das kenne ich aus meiner Kindheit. Barchent gehört zum Bünzligen, wie Bettsocken, Eckbänke, Kreuzstich auf Teewärmer, Neujahrskärtchen mit verschneiten Tannen hinter Alphütten …
Wir beschliessen, den Abend einmal nicht dem Originellen, sondern dem Bünzligen zu widmen und machen uns auf in den „Jäger“. Der war schon da, bevor hier die Hochhäuser in den Himmel wuchsen. Täfer, weisse Vorhänge, Astern als Tischblumen. Die alte Bise kennt sich im Westen gut aus, rüttelt an der Pergola und fährt uns kalt in den Kragen. Zum Aufwärmen bestellen wir ein bünzliges „Kafi fertig“ (süsser Kaffee mit Schnaps im Glas) und schauen uns in den mitgebrachten Versandkatalogen die Barchent-Bettwäsche an.
C. will den Hasenrücken mit Spätzli probieren, ich nehme Rösti mit Emmentaler-Bratwurst an einer Zwiebelsauce – voll bünzlig.
Manchmal geht dieses Bünzlitum aber doch zu weit. Z.B. im Spital, welches durchgehend einen Innenanstrich mit 90/10 bekommt. Meine Freundin, die Malerin, hätte jeder Abteilung des Krankenhauses gerne eine eigene Farbe gegeben, aber die Innenarchitektin hält nichts von solch gravierenden Veränderungen.
So wird C. morgen Abend, wenn die riesige Spitalküche leer ist, auch den Abflusskanälen diese gelblichweisse Standartfarbe 90/10 verpassen und drauf verzichten, ihnen Fisch- oder Drachenschuppen aufzumalen.
Der Rentner neben uns lässt sich den Rest seines panierten Schnitzels einpacken: „Zum Aufwärmen für morgen, danke.“
November 23rd, 2005 at 16:48
BÜNZLIG bei google nachgeschaut
(oder wie übersetzt man es einem Nicht-Schweizer):
gutbürgerlich, konservativ, kleinkariert, spiesserisch, heterogen…
trifft es alles nicht so ganz, oder?
November 23rd, 2005 at 18:02
Nicht schlecht 😉 Hier noch ein nützlicher Link von einer anderen Frau: http://www.unefilledulimmatquai.ch/?p=712
Dezember 6th, 2005 at 02:16
Frau Bünzli lässt ausrichten, die gewünschte Papillon – Bettwäsche sei eingetroffen und werde nach – selbstverständlich vorhergehendem -Gewaschenwerden, mit weihnachtlichem Gruß an deine Türklinke gehenkt.
Dezember 6th, 2005 at 07:27
Das ist ja absolut-obersuper-lieb! Aber bitte eintreten
und nicht nur henken :-))
Dezember 6th, 2005 at 23:57
hängen – hängte – gehenkt
henken – henkte – hat gehangen
Henkersbrünnli – Türklinke
süßer die Glocken nie klinken
Gut Nacht!
Dezember 8th, 2005 at 07:08
Im Christmonat befasse ich mich jedes Jahr irgendwie mit diesen beiden Verben. Vor einigen Jahren hängte sich mein Schwager an einem Seil in der Heubühne auf, zwei Jahre später tat meine Tante im Altersheim dasselbe: sie erhängte sich an einer Türklinke. Wenn einem im Dezember gewaschene Bettwäsche an die Türklinke gehenkt wird, ist man überglücklich! (Nach dem Henken eintreten!)