Fr 26 Nov 2004
Eine weitere Geschichte aus dem Irak, erzählt von L. (16), gesammelt von 1st, November 2002
1991 haben die Peshmerga Saddams Soldaten aus Kurdistan verjagt. Meine Mutter ging mit uns Kindern, ich war 5 Jahre alt, zu dem grössten Gefängnis in Suleimanja. Es war ein eigenartiges Wetter an diesem Tag: sonnig, der Himmel war hellgrau und es blies ein starker Wind. Ich ging an der Hand meiner Mutter. Sie trug meinen kleinen Bruder Zaniar auf dem Arm. Im Lautsprecher wurde der Bevölkerung mitgeteilt: „Bevor wir das Gefängnis putzen, sollt ihr kommen und sehen, wie schrecklich es aussieht.“ Es gingen nicht viele Leute hin. Wahrscheinlich hatten sie Angst. Das Gefängnis Chabad war zweistöckig und drinnen war es schwarz. Es roch nach Blut. An einer Wäscheleine hingen blutbespritzte „Nüggeli“ von Babys, kleine Hütchen und Hemdchen, blutige Unterhosen. Die „Nüggeli“ habe ich grausig gefunden. Eine alte Frau hat auf dem Boden nach etwas gesucht und laut geweint.
Wir haben alles angeschaut und sind dann den weiten Weg zu Fuss nach Hause in die Ibrahim-Pasha gegangen: vier Kinder wie Enten hinter der Mutter mit Zaniar auf dem Arm. Der Wind blies heftig in ihr schwarzes Kleid.
November 26th, 2004 at 09:20
Dies ist eine Geschichte von grosser Würde. Und die gilt es zu erhalten, auf allen Seiten.
November 28th, 2004 at 05:36
Mich wird diese Geschichte wohl immer wieder erschüttern. Doch hätte ich nicht darauf verzichten wollen, daran Teil zu haben. Was wird wohl aus diesem Mädchen?
März 10th, 2015 at 06:29
Operierte Büpi, operierte Nase…
Aber, in ihrem ganzen Leben lebte sie noch nirgends so lange an einem Ort, wie in unserer Stadt. Sie ist nämlich immer noch hier, hat eine Ausbildung abgeschlossen und Arbeit gefunden.