Fr 9 Mai 2008
Monatelange Geüchte, dass der ganze Block für eine Totalsanierung geräumt werden müsse, treiben viele Mieterinnen und Mieter beinahe zur Verzweiflung. Nächtelang überlegen sie sich, wohin sie denn umziehen könnten. Die Älteren denken an einen frühen Eintritt ins Seniorenheim. Schon vor Sonnenaufgang sieht man sie auf dem Gang zum Textilkontainer. Sie graben ihre Rosenstöcke und Hortensien aus und verschenken sie an Leute, die einen Garten besitzen. Nur die allernötigsten Neuanschaffungen werden getätigt. In der Freizeit und den Ferien werden Wohnungen besichtigt. Gefallen tut nichts wirklich, denn der Block, aus dem man sehr wahrscheinlich „vertrieben“ wird, ist einem ja der liebste.
Es wird schlimm, das ist seit einigen Tagen sicher. Der Block, eines der grössten Gebäude der Stadt, muss saniert werden – total: Gebäudehülle nach energetischen Aspekten, neue Bodenbeläge, Küchen, Bäder, Duschen, Heizungen, Fenster, Leitungen, neue Raumaufteilung. Das bedeutet, es werden Wände eingerissen und Kleider- und Besenkammern aufgehoben. Aber gekündigt wird niemandem, nur Verständnis und Rücksichtsnahme von allen Beteiligten gefordert. Ein Team wird die Mieterinnen und Mieter betreuen und sich deren Anliegen besonders annehmen. Bis jetzt hatten wir eine Liegenschaftsverwalterin. Da man aber vor einer zweijährigen Umbauphase steht, wurde sie durch einen Mann ersetzt. Schliesslich kommt eine noch nie dagewesene Herausforderung auf uns alle zu, und da wäre eine Frau wahrscheinlich überfordert, meint der Bodenleger und zwinkert mir dabei zu. Die meisten Blockbewohner sind bereit, diese zwei harten Jahre auf sich zu nehmen. Sorgen bereiten ihnen aber die angekündigte Mieterhöhung nach „marktgerechten Niveau“. Vermag man dann die sanierte Wohnung noch zu bezahlen oder wäre man doch besser vor all dem Lärm und Schmutz umgezogen?
Einen neuen Namen für „blogk“ zu finden wäre noch das Einfachste.
Mai 9th, 2008 at 08:59
Die Verwaltung sagt halt, sie könne doch keine Mieten berechnen, bevor nicht alle Offerten für den Umbau da seien. Was für mich bei aller Skepsis logisch klingt.
Zwei Sachen erscheinen mir wichtig:
Dass es sog. „Härtefälle“ geben wird, die Unterstützung brauchen, ist den Beteiligten bewusst. Wir werden sehen, was daraus resultiert. Als nicht gerade wohlhabende Stadt hat Bern gewisse Erfahrung darin, nachhaltig gute Entscheide für Arme zu fällen (bei den Reicheren habe ich manchmal meine Zweifel, aber die sind ja immer so schön selbstregulierend).
Der Block ist ein Gerüchtetopf. Weil so viele daran hängen, ist das Buschtelefon wirklich und wahrhaftig unzuverlässig. Manchmal lohnt sich das Weghören.