Mi 9 Jul 2008
Die Ferientage meiner Kindheit bedeuteten hauptsächlich Heuen, Ernten, Dreschen, Emden und viele Stiche von hungrigen Bremsen an Armen und Beinen. Mich konnte man auf dem Feld nicht brauchen, obwohl ich sowohl mit Holz- und Eisengabel als auch mit kleinen und grossen Rechen flink umzugehen wusste. Ständig untergrub ich die Arbeitsmoral, indem ich meinen Eltern und Geschwistern abstruse Geschichten erzählte, sie damit beim Heuwenden und Nachlegen des Getreides aus dem Takt und zum Lachen brachte. Vater, der sich nur mit Mühe das Lachen „verbiss“, schickte mich regelmässig nach Hause, ich solle „Zvieri“ machen. In der kühlen Küche setzte ich dann Wasser auf für einen Lindenblütentee. Nun hatte ich einige Minuten Zeit zum Lesen – ein Luxus mitten im „Wärchet“. Den Tee goss ich in eine Henkelkanne, und schreckte das kochendheisse Getränk mit kaltem Wasser aus der Brunnenröhre ab, so erhielt es eine warme rote Farbe. Die Brote, die ich aufs Feld brachte, waren mit allem belegt, was in einem einfachen Haushalt von Selbstversorgern zu finden war: Beeren, etwas Käse, Ei, ein Wurstzipfel, ein Scheibchen Speck, eine vergessene Kirsche, Nüsse, Apfelschnitze, Kräuter, Zwiebeln, Karotten, Wiesensalbei und Sauerampfer.
Die Geduld meiner Familie wurde arg strapaziert bis ich endlich mit Korb und Pinte auftauchte, den Hang hinauf kletterte und das Küchentuch über dem „Zvieri“ hob. Alles wurde im Nu verputzt. Zu meiner Ehre, gemischt mit etwas schlechtem Gewissen wegen des Lesens sei gesagt, dass sich meine Eltern bis in ihre letzten Tage hier auf Erden an diese Brote erinnerten und nie dem grossen „Bitz Chäs“ nachtrauerten, den sie nicht hatten.
Juli 10th, 2008 at 14:41
hihi, das kenne ich, das gemischte gefühl in der kühlen küche. weisst denn du was wasme bedeutet? ich wurde derweil einmal zum zmittagkochen abkommandiert (da war ich 9, weil meine schwester wurde da präzis 20). leider habe ich die teigwaren über dem feuer im kalten wasser angesetzt – vor lauter stolz über das brennende feuer. für diesen schlangenfrass zu einem so denkwürdigen tag schäme ich mich bis heute…
guten sommer im, am und um den blogk!
Juli 10th, 2008 at 15:03
„Wasme“ tönt interessant nach nicht zu hoch gewachsenem Gras. Brauche ich fürs wasme einen Rechen, eine Sense?? Das mit den Teigwaren kriegen wir heute ja prima hin und ein Herdfeuer mit neun ist eigentlich schon mehr als genug;-)
Lieber Gruss vom Balkon!
Juli 11th, 2008 at 22:34
ja, beides ist nicht verkehrt und lass es mich so drehen. es ist zu hoch (oben) gewachsen, deshalb nicht so hoch. aber herdfeuer? du scherzest, das war ein offenes mit dreibein und so. die alte suva und der jugendschutz würden sich hintersinnen…
vielleicht dürfen meine kinder deshalb allein einkaufen, auf bäume klettern und holzmännlein schitzen (hoffentlich bloggen obengenannte institutionen nicht;-)).
Juli 13th, 2008 at 14:12
Wer als Kind am Dreibein kocht, kann es nötigenfalls mit obgenannten Institutionen aufnehmen!!
Meine Töchter machten auch immer so „gefährliche“ Sachen wie auf Bäume und Dächer steigen, zuoberst auf dem Aquädukt über den Gard laufen, schnitzen, sägen, hämmern und Grösseren und Stärkeren ein „freches“ Maul halten. Das hört nie auf. Heute bekommen sie ab und zu eine Todesdrohung „aus anderen Kulturen“ oder eine Anzeige von Rechtsradikalen, die sich beleidigt fühlen. Ich sage es meinen Kindern nicht, aber heimlich mache ich mir Sorgen, wenn sie schwanger in unwegsamen Gebieten reisen, im Meer weit hinaus schwimmen und zu viel arbeiten.