Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock hat sich eine Frau vor dem Sturm zurückgezogen. Ihre Habseligkeiten liegen in rote Plastiksäcke gestopft vor ihr. Sie isst ein Brot und ermahnt mich, in meinem engen Rock ja nur kleine Schrittchen zu tun.
Die Leute suchen in den Lauben Schutz, und so fällt der schwere Topf mit der Thuyastaude von der Fensterbank über mir auf die Strasse, ohne jemanden zu erschlagen. Schade, dass er nicht den „Stadttraktor“ (Land Rover) getroffen habe, meint mein Bürokollege, der die Zugverbindungen online beobachtet – bis jetzt nur Unterbruch zwischen Bern und Schwarzenburg.
Wie ich die stürmische Nacht in meinem Horst überstanden und ob der Block nicht geschwankt hätte, werde ich heute mehrmals gefragt.
Dieser Kyrill tobte wie ein Wahnsinniger durch die Lüftungsrohre, stiess zornig gegen die Fenster und heulte schaurig weit über den 13. Stock hinaus – der Block, ein Schiff auf dem sturmgepeitschten Meer.
Mit solchem Stürmen sei nicht zu spassen, meint mein belesener Freund Gerard und erzählt, dass der Schriftsteller Ödön von Horváth den Nazis entkommen konnte, nicht aber dem auf die Champs-Élysées herab stürzenden tödlichen Ast.

Inzwischen ist draussen und im Lüftungsschacht wieder Ruhe eingekehrt, denn Kyrill zieht gegen Russland weiter – genau so, wie es uns die eidgenössischen Wetterfrösche gestern versprochen haben.