Zum ersten Mal seit dem letzten Weltkrieg ist ein Artikel in dieser Stadt total ausverkauft – mehr als zwei Wochen nicht im Handel.
Das tut weh!
Wir sind es nicht gewohnt, mit unserem Geld etwas nicht kaufen zu können. Verzweifelt irren wir von der oberen in die untere Stadt, durch die Aussenquartiere, in die Region, ja, sogar in andere Landesteile, vom Kiosk zur Tankstelle, vom Postschalter zum Orangen Riesen, von der Bäckerei zur Papeterie, der Buchhandlung zur Zeitungsredaktion, zu Fuss, mit dem Töff, im Auto, mit dem Trotinett oder per Velo, in Gruppen oder allein. Unterwegs begegnen wir anderen Irren, hören auf die wildesten Gerüchte, nur um an Ort und Stelle zum x-ten Mal zu hören, dass es sie nicht gibt, man wohl bestellt habe, aber nicht erhalten, leider.
Es gebe Lieferschwierigkeiten, seitdem auch in Deutschland der Verkauf angelaufen sei. In Italien komme man mit der Produktion nicht mehr nach.
Am Ball bleiben ist alles! Sich nicht aufregen, wenn die Verkäuferinnen, tritt man in ihr Gesichtsfeld, die Arme hochreissen und einem von Weitem ein entnervtes „Nein“ entgegen schreien. Trotzdem jeden Tag auch im kleinsten Kiöskchen nachfragen und vielleicht die fünf letzten Paninis einem anderen Wahnsinnigen vor der Nase wegschnappen.
Eine neue Sucht grassiert, beengt den Horizont. (Über die Auswirkungen auf nicht süchtige Angehörige, z.B. Mütter, werden in diesem Jahr einige Dissertationen und Lizentiatsarbeiten abgeben.)
Bei Schweiz und Ghana „bin ich voll“. Aber sonst klaffen noch Lücken. Die grössten bei Tunesien.
Dass es in unserer Stadt bis vorgestern noch ca. zwei Ahnungslose gab, die von der Panini-Welle nicht berührt wurden, darüber erzählte mir meine Freundin Marwa:

Ein Musiker, ein Philosoph und ein Bibliotheksleiter treffen sich in der Kaffeepause. Der Musiker erzählt von seinen Töchtern im Panini-Fieber, und wie er als Vater beim Sammeln und Tauschen so richtig mitgerissen wird.
Nun versteht der Bibliotheksleiter endlich, was Paninis sind. Hatte er seiner Tochter, als sie ihn neulich danach fragte, doch geantwortet, das seien Sandwiches.
Der Philosoph zum Musiker: „Was, deine Töchter sammeln auch? Ich meinte, das sei nur etwas für Buben.“
Der Musiker: „Nein, nein, auch Mädchen sammeln, nicht nur Buben.“
Der Philosoph: „Für welches Land sammeln sie denn?“
Der Musiker kopfschüttelnd: „Man merkt, ihr seid nicht auf dem Laufenden.“

Jupi! Die Frau des Buchbinders in meiner Bibliothek hat ein Fussballbrot gekauft und als Beilage ein Briefchen Bildchen erhalten. Der Buchbinder hat sie mir geschenkt. Danke 1000!