Die Ferientage meiner Kindheit bedeuteten hauptsächlich Heuen, Ernten, Dreschen, Emden und viele Stiche von hungrigen Bremsen an Armen und Beinen. Mich konnte man auf dem Feld nicht brauchen, obwohl ich sowohl mit Holz- und Eisengabel als auch mit kleinen und grossen Rechen flink umzugehen wusste. Ständig untergrub ich die Arbeitsmoral, indem ich meinen Eltern und Geschwistern abstruse Geschichten erzählte, sie damit beim Heuwenden und Nachlegen des Getreides aus dem Takt und zum Lachen brachte. Vater, der sich nur mit Mühe das Lachen „verbiss“, schickte mich regelmässig nach Hause, ich solle „Zvieri“ machen. In der kühlen Küche setzte ich dann Wasser auf für einen Lindenblütentee. Nun hatte ich einige Minuten Zeit zum Lesen – ein Luxus mitten im „Wärchet“. Den Tee goss ich in eine Henkelkanne, und schreckte das kochendheisse Getränk mit kaltem Wasser aus der Brunnenröhre ab, so erhielt es eine warme rote Farbe. Die Brote, die ich aufs Feld brachte, waren mit allem belegt, was in einem einfachen Haushalt von Selbstversorgern zu finden war: Beeren, etwas Käse, Ei, ein Wurstzipfel, ein Scheibchen Speck, eine vergessene Kirsche, Nüsse, Apfelschnitze, Kräuter, Zwiebeln, Karotten, Wiesensalbei und Sauerampfer.
Die Geduld meiner Familie wurde arg strapaziert bis ich endlich mit Korb und Pinte auftauchte, den Hang hinauf kletterte und das Küchentuch über dem „Zvieri“ hob. Alles wurde im Nu verputzt. Zu meiner Ehre, gemischt mit etwas schlechtem Gewissen wegen des Lesens sei gesagt, dass sich meine Eltern bis in ihre letzten Tage hier auf Erden an diese Brote erinnerten und nie dem grossen „Bitz Chäs“ nachtrauerten, den sie nicht hatten.