Mi 22 Sep 2010
Im Ausland werde die heutige Bundesratswahl kaum beachtet, meint der Sprecher der Frühnachrichten. Und wenn, dann mokiere man sich über die nächtliche Ränkeschmiede in der Bellevue-Bar.
Das kann ich gut verstehen,
denn als ich kurz nach 8 Uhr auf den Bundesplatz komme, ist dieser beinahe leer. (Selbstverständlich wurde er nächtens nach einem super durchdachten System mittels Gittern eingezäunt und abgesperrt.) Ein Wachmann untersucht einen Riss in einer der Granitbodenplatten. „Verträgt er die Stadt nicht, der Valsergranit?“ frage ich. „Ist halt ein Naturprodukt und den unterschiedlichsten Spannungen ausgesetzt“, meint der Mann.
Im hinteren Teil des Bundesplatzes steht ein Grüppchen Genossinnen und Genossen der Sektion Köniz. Während sie an einem Vollkorngipfel knabbern, hören sie am Radio die Reden der abtretenden Räte Leuenberger und Merz.
Im Veloanhänger liegen Rucksäcke und auf den Fahnen ist ihre
Simonetta schon Bundesrätin.
Für die Presse gibt’s noch nichts zu tun. Einige filmen das Fahrrad
mit Anhänger und die Gipfeli essenden Genossen und Genossinnen.
Zur Probe filmen sie sich auch gegenseitig.
Nun werden die Blumenbouquets gebracht. Die Neuen werden keine
Hand frei haben für solche Räder. Aber dafür gibt es ja den ganz
persönlichen Weibel.
Nach und nach trifft das Volk ein.
Der Herr mit Samtherz und Silbertasche war schon vor mir da.
Am Abend habe ich ein Mail von der neu gewählten Bundesrätin in der Box. Das steht unter anderem:
Auch wenn ich Bundesrätin aller Menschen in diesem Land bin, weiss ich, woher ich stamme und wer mich in den Bundesrat geschickt hat: Es ist die SP, deren Werte und Grundhaltungen ich mit dir teile.
So ist’s gut, und ab heute gibt’s wieder Bäreläbchueche im Migro!
September 23rd, 2010 at 13:39
habe auch so mails bekommen. im einen siezt sie mich und im anderen duzt sie … letzteres interessanterweise auf dem geschäftsmail, wo ich sie doch geschäftlich sieze – complicadísimo
September 24th, 2010 at 10:04
Mühsam, diese Duzerei in der Partei! Unter den Lauben ist es mir immer leichter gefallen, den Christopf zu duzen, als den Moritz oder früher die Ruth. Sogar bei Klaus und Alex entledige ich mich meines roten Schals und mache mich unkenntlich.