In der Gotthelftracht, 1960

Ich binde Sträusschen für die Bundesräte, 1. Berner Graniummärit 1960

Herrlich, einfach unbeschreiblich!! Endlich darf man sich wieder einmal ungehemmt so richtig eidgenössisch, ja, emmentalisch fühlen, bodenständig verwurzelt in der engsten, urchigen Heimat, wo man allen Du sagt und es „nüt vo Komplimänte“ gibt. Neben den gierigen, ungezählten Sponsoren hat jeder x-beliebige Heini in meinem Bekanntenkreis eine Karte fürs Eidgenössische, entweder bei einem Milch-, Käse-, Bahn-, Bier-, Salben-, Kraftfutter-, Bauhaus-, Landmaschinen-, Sportuhren-, Unterwäsche-, Ovomaltinen-, Duschgelwettbewerb gewonnen oder als Kunden-, Geburtstags-, Kadermitgliedgeschenk. Hauptsache, man ist live dabei. Stadtpräsidenten und -präsidentinnen landauf und -ab in Designerbrillen, mit modischem Haarschnitt tun in Interviews ergriffen kund, dass sie selbstverständlich in Chüejermutz und Tracht erscheinen würden. Zu Tränen gerührt seien sie, wenn irgendwo ein Juz oder ein Alphorn ertöne. Ob der vielen Arbeit, der allgemeinen Hektik, den täglichen Anforderungen hätten sie ihre Wurzeln aus den Augen verloren, was eigentlich schade sei,


da auch die Urgrosseltern Bauern gewesen seien, ja, es vom Grossvater mütterlicherseits noch ein Foto gebe, wie er am Bubenschwingen in Albligen den Kranz machte. Es sei ein hehres Gefühl gewesen, an der letzten BEA den Königsmuni Claudio fürs Oberländische Schwingfest zwischen den Hörnern zu kraueln und es sei schade, dass sie nicht öfters Zeit hätten, sich einer urchigen Bernerplatte mit Schweinsöhrchen und -schwänzchen zu widmen und dann, wie damals als Kind bei den Grosseltern auf dem Land, die Finger abzulecken.

So viele Emotionen lassen mich nie kalt, wie dieser Blog-Eintrag aus dem Jahr 2010 zeigt. Heute blase ich den Staub von einigen Alben und suche darin ein bisschen nach meinen Wurzeln, unberührt von jeglicher harten Globalisierungsrealität. Nein, um dr Tuusiggottswille, schenkt mir keine Eintrittskarte, weder auf dem grauen noch auf dem schwarzen Markt gekauft!
Wies war, wird mir dann bis zum Gehtnichtmehr erzählt.

In jedem Käseblättchen werden die Hauptschwünge (Brienzer, Hüfter, Buur, Kurz) den Heerscharen von Ahnungslosen vorgestellt. Nie erwähnt wird der „Wyberhaagge“. Wen wunderts?

Der Wyberhagge ist ein Stand- und Haken-Schwung, der aus dem Stand heraus geführt wird. Dabei geht der Angreifer übers Kreuz mit dem Fuss zwischen die Beine und hakt sich ein. Die Besonderheit: Hat der Angreifer einmal eingehakt, ist die Niederlage praktisch unvermeidlich. Die Legende erzählt, die in den Krieg ziehenden Männern hätten ihren daheimgebliebenden Frauen diesen Schwung beigebracht, um sich gegen aufdringliche Feinde zu wehren.)