Fr. 26 Jan. 2007
Wer hätte gedacht, dass ein solches Schäumchen Schnee unseren Tagesablauf so stören könnte?
Während ich meine „Buffalos“ doch noch aus dem Schrank hole, erinnere ich mich an die strengen Winter meiner Kindheit. Die Rehe kamen nahe ans einsam gelegene Haus heran und frassen die Rinde der Obstbäume ab. Oft war die Haustüre zugeschneit. Die Eltern stiegen zum Fenster hinaus und schaufelten uns Kindern den Weg zur Strasse frei. In den Reifenspuren des Postautos stapften wir dann zur Schule. Unsere gefrorenen Hosenbeine tauten dort auf und eine kleine Pfütze bildete sich unter dem Stuhl.
Im Winter kam auch der Störenmetzger, der das Schwein schlachtete, während wir in der Schule waren. Am Abend gabs Bratwürste an Zwiebelschweize mit Kartoffelstock und Randensalat. Der Metzger ass auch mit und erhielt neben dem Lohn noch „z’Metzg“: Wurst und Fleisch.
An diese früheren Handwerker „auf der Stör“ habe ich lange nicht mehr gedacht. Ich glaubte, dass es sie nicht mehr gäbe. Aber anscheinend erlebt der „Stöer“ wieder eine erfreuliche Renaissance auch in weiteren Berufen.
In Bern gibt es bereits eine Störbibliothekarin, die sich zuerst an der Berufsbezeichnung etwas gestört hat, bis sie folgendes über diese Handwerker auf Wanderschaft las:
„Sie gingen durch die Dörfer und störten den normalen Tagesablauf …“
Das Normale stören finde sie gut und im Gegensatz zu den alten Zeiten erhalte sie ihren Lohn regelmässig.
Januar 26th, 2007 at 13:51
so genial wie du diese Bibliothekarsbesuche nennst – mit dieser Bezeichung „Störbesuch“ und der Beschreibung im Konzept „den Alltag stören und für einen kurzen Moment mit etwas Aussergewöhnlichem unterbrechen …“ mache ich seit Jahren Besuche bei unseren Klienten im Wohnheim. Durch diese Bezeichnung beginnen die Gespräch immer auf der Erlebnisebene der Bewohner.
Häb ganz e tolle Tag
u la Di nid vom Schnee la störe 😉
Gruss Rinaa
Januar 26th, 2007 at 16:26
Liebe Rinaa, den Bericht über den Störbuchhändler, den Störenmetzger und die Coiffeuse auf Stör habe ich gefunden, als ich meinen Blog-Beitrag übers ähnliche Thema schon geschrieben hatte. Mit gefiel die Erinnerung von WEBA so gut, dass ich gleich verlinkte.
Lieber Gruss und störe die Menschen im Wohnheim weiterhin in so willkommener Art!
Januar 26th, 2007 at 18:10
Es gab auch Schneiderinnen, die auf Stör kamen. Sie änderten Kleider und machten auch aus Altem Neues, vor allem Kinderkleider aus abgelegten Garderobenstücken Erwachsener.
Januar 27th, 2007 at 10:43
In meiner Kindheit konnten sich besonders die wohlhabenden Bauern eine Störschneiderin leisten. Der Vater meiner Schwiegermutter kaufte auf dem Herbstmarkt eine „Balle“ (Rolle) graues, braunes oder schwarzes Tuch. Daraus erhielt die ganze Familie ihre Winterkleidung von der Schneiderin auf Stör genäht.
Erst mit sechzig Jahren getraute sich meine Schwiegermutter, Buntes zu tragen. Die Leute im Dorf begriffen nicht, weshalb die Frau bis ins hohe Alter in grellrosa, leuchtendtürkis, gibeligelben und giftgrünen Röcken und Blusen umherging. Berti kümmerte sich nicht darum …
… und strickte mit den Resten die Puppe meiner Tochter in Buntes ein. Sie habe einen so grossen Nachholbedarf von Farben.
Februar 21st, 2007 at 11:25
Guten Morgen allerseits. Ich stiess auf die Seite durch den Begriff „Störbuchhändler“, da ich diesen darstelle. Als ich die Idee mit den Hausbesuchen verlautbarte, schlug es ein wie eine Bombe, als hätte ich das Rad neu erfunden. Interessanterweise kennen die Norddeutschen diesen Begriff nicht, obwohl das Wort auch im Wörterbuch „Wahrig“ beschrieben wird. Nun tingle ich mit meinem Rollkoffer durch die Lande und plaudere über schöne Bücher. Die Verdrängung im Buchhandel momentan ist enorm. Die Grossen wie Orell Füssli und Thalia eröffnen Filialen was das Zeug hält aber dies entspricht wohl dem Zeitgeist. Man soll ja nicht jammern, sondern es einfach mit neuen Ideen und Konzepten versuchen. Mit besten Grüssen also.
Februar 23rd, 2007 at 18:20
Herzlichen Dank für den sehr interessanten Beitrag! Ich finde es super, wenn Störbuchhändler ihre „Spuren“ auch im Internet verfolgen;-)