Mi 12 Dez 2007
Sie fällt ganz locker zu Boden und hätte eigentlich auf dem regennassen Asphalt liegen bleiben mögen. Ein Mitarbeiter von Bernmobil fasst sie am Arm und hilft ihr auf die wackeligen Beine. „Gehts? Sind Sie verletzt? Haben Sie Schmerzen? Möchten Sie sich setzen?“ Die Frau dankt dem Mann in der orangen Jacke, schüttelt ihren linken Arm, dann auch den rechten, an welchem eine schwere Tasche hängt. Sie geht über den Platz, biegt ab in die Gasse und steigt, noch ein bisschen unsicher, die Treppe zu ihrem Büro hinauf. Dort sortiert sie die liegen gebliebene Arbeit der vergangenen Woche nach Prioritäten. Sie startet den Computer. Während sich die Programme entpacken, packt sie ihrerseits die Geranien und trägt diese in den Keller des Wirts.
Ihr scheint, als sei sie Jahre weg gewesen und sie ist erstaunt, dass ihr die Arbeit so leicht von der Hand geht.
Den Abend verbringt sie mit Freunden in einem schummrig beleuchteten Ristorante. Ein Kaminfeuer brennt, welches wie in alten Zeiten nur vorne wärmt und den Rücken kalt lässt. Die Kellnerin weist den Weg zum Tisch und warnt: „Achtung, Stufen, es sind vier!“ Zum Glück, denn in dieser Finsternuss wäre die Frau ohne Warnung bestimmt die Stufen hinunter ins historische Kutschenremise gefallen.
Nun wird ein schöner Wein geöffnet. Bis die Seezunge auf dem Lauchbett serviert wird, erzählt ihr ein Freund den Film von der ägyptischen Polizeikappelle, die unfreiwillig in einem israelischen Kaff strandet – Bikur hatizmoret – wunderbar!
Sie trinkt noch ein Glas Wein und wartet darauf, dass Zorro sich endlich am Kronleuchter durch den Saal schwingt und mit dem Degen den venezianischen Vorhang oder die Ölgemälde – ZZZZ – aufschlitzt.
Endlich ist auch die Seezunge auf ihrem Bett und in Begleitung von Ofenkartöffelchen da – vorne warm und hinten kalt.
Gegen Mitternacht begleiten fürsorgliche Freunde sie ein Stück im Bus. In einer scharfen Kurve rutscht sie vom Sitz zu Boden – ganz locker – und könnte dort einschlafen. Das erlauben die Begleiter nicht. Sie muss sich wieder hinsetzen und am Griff, der in der Buswand eingelassen ist, festhalten.
„Leat, leat“, ermahnt sie sich auf dem Heimweg durch den düsteren Tunnel hin zu ihrem Block, den israelischen Film noch im Kopf.
Zu Hause angekommen, packt sie die Tasche aus und weiss, das Leben geht weiter, denn wozu hätte sie sonst die 13 Paar schwarzen Strümpfe und die drei neuen Bücher gekauft?
Dezember 13th, 2007 at 13:55
rotwein. seezunge. und die bücher. à la bonne heure!
Dezember 13th, 2007 at 21:06
Du bist zwei Mal umgefallen? Wie geht es deinem Bein? Morgen kaufe ich für dich ein und wir kochen zusammen.
Dezember 14th, 2007 at 13:44
Manchmal, an diesen seltsamen Tagen, an denen alles etwas zuviel wird, verliert man schnell an Gleichgewicht und hält sich fest: An Dingen, die das Weitergehen signalisieren, an Menschen die beistehen und achtsam sind. Ich schicke Ihnen Herzenswärme. Die wärmt vorne und auch den Rücken -vor allem aber die Seele. Dort wo man so schnell friert, nicht nur in Bern sondern auch sonst im Leben.
Dezember 14th, 2007 at 15:33
Sie würde evtl. gut daran tun, sich ihre 13 Paar Strümpfe anzuziehen und sich mit ihren Büchern ganz locker ins Federbett fallen zu lassen.
Dezember 19th, 2007 at 09:26
Herzlichen Dank für diese Beiträge! Sie bringen mich wieder ins Lot.