Die vereisten Pfützen knackten unter meinen Füssen, als ich heute Morgen um 07:10 zur Tramstation ging. Beinahe zwei Stunden verbrachte ich in Schräglage auf dem Stuhl der Zahnärztin mit Spezialgebiet Wurzelbehandlung. Unterstützt wurde sie von einer kompetenten Helferin, deren Vorname in Deutsch übersetzt – ich habe nachgeschlagen – „die Kurze“ ist. Die Frau wurde im Februar geboren, nehme ich an.

Ein bisschen tut es mir leid, dass ich bei all der professionellen und freundlichen Zuwendung auf Fragen nur mit einem Gurgeln oder Nicken antworten konnte. Einmal hob ich auch den Daumen, was ich sonst wirklich nie tue. Während wir auf das Röntgenbild warteten, war mein Mund, ausser dem noch einseitig befestigten Gummituch genannt Kofferdam, ziemlich frei und wir konnten uns über die Vor- und Nachteile von Behandlungsstühlen unterhalten. Zu sagen ist, dass ich das Thema angesprochen hatte, um mit Informationen aus erster Hand mein unnnützes Wissen zu ergänzen. Ein arrivierter Mann erzählte mir mal, dass er seiner Frau einen Mercedes kaufen wollte, sie sich aber anstelle des Autos einen neuen Behandlungstuhl für ihre Zahnarztpraxis wünschte. Er sei von dem Wunsch so beeindruckt gewesen, dass er ohne zu Zögern den „Aufpreis“ für diese Luxusliege bezahlt habe.

Sie behandle die Patient*innen am liebsten auf diesem Modell, sagte die Zahnärztin, während sie mich – sssssss – wieder nach hintenunten fuhr, die Bewegungsfreiheit rundherum sei optimal. Ich fror ein bisschen, wurde leicht schläfrig und ich musste an das Himbeerbett …

… vom letzten Sommer denken. Vom Fenster aus sah ich über die Dächer von Les-Saintes-Maries-de-la-Mer. Das Meer war ganz nah, und die Sonne schien in einen Innenhof mit Trampolin unter einem Aprikosenbaum. In allen Zimmern des kleinen Hotels lagen einige Bücher. Ich feierte ein nostalgisches „Wiedersehen“ mit Pater Ralf in Les Oiseaux se cachent pour mourir und mit Elisabeth Badinters L’Amour en plus.