Zwiebelschalen für meine Ostereier habe sie dann parat, falls ich wieder färben würde, sagte meine Nachbarin aus der Wohnung mir gegenüber. Ich bin richtig gerührt über dieses Angebot. Dann führt sie mich auf den Balkon, auf welchem die Geranien und Kapkörbchen Knospen treiben. Pfefferminze und Astern wuchern in einem Topf. Hauswurz und eine rosa Zyklame zieren das Fensterbrett umkränzt von Hornveilchen und Glockenblumen. Seitdem der Hund gestorben sei, bekämen ihre Pflanzen noch mehr Zuwendung. Auch koche sie regelmässig für Kinder und Enkelkinder, altmodische Sachen wie Härdöpfelbitzli und Fotzelschnitten.
Ich schaue noch die gerahmten Hundefotos an – Prachtskerle, gross und mit glänzendem Fell, dazwischen zwei Dackelmischlinge, die Jagdhunde ihres Mannes. An der Wand gegenüber ein stimmungsvolles Waldfoto, Sonnenlicht durch Nadeln und Blätter auf Moosboden: „Ds Grebli vo mim Maa, är het’s so wölle ha.“ Der Pfarrer sei auch in den Wald mitgekommen und habe ein paar passende Worte gesagt. (So ist er, unsere Pfarrer. Er hört auf seine „Schafe“.)
Meine Nachbarin wartet auf ihre Freundinnen. Sie wollen zusammen Apfelküchlein backen. Die Vanillesauce steht schon zugedeckt bereit. Am besten schmecke sie noch lauwarm.

Am Freitagabend verbreitet sich im Block die Nachricht, dass die Orangen Riesen bald für einige Tage geschlossen würden. Ich finde keine entsprechende Nachricht im Netz, im Gegenteil, die Läden bleiben normal geöffnet, die Versorgung ist gewährleistet.


Das glauben nicht alle, besonders Frauen aus dem Kosovo, gebeutelt von ihren Kriegserfahrungen, versuchen sich mit Mehl und Hefe einzudecken, einige vergebens. Mergim hat vor zwei Wochen zwei grosse Säcke Mehl gekauft und verspricht, im Notfall auszuhelfen.

Kein Brot

Leer I Leer II
Leer IV Leer III

Heute Morgen sind die Regale wieder voll. Mein ehemaliger Schüler, jetzt Auszubildender in „meinem“ Laden berichtet, dass sie heute schon kurz nach sechs Uhr früh mit Auffüllen begonnen hätten. Von einer Schliessung sei nicht die Rede. Die Stimmung ist ruhig, niemand drängelt oder motzt. Eine Mitarbeiterin schaut, dass sich nur eine bestimmte Anzahl Gäste im Restaurant ausfhalten.
In der Apotheke gibt es ein Absperrband vor dem Ladentisch. Nein, es gebe keine Lieferschwierigkeiten mit meinem Schmerzmittel, welches in China hergestellt wird. (Von Algifor, höre ich gerade, wird nur 1 Packung pro Person abgegeben.)

Seit Monaten versuchte der Hausmeister, einen Hofladen mit Lieferdienst vor den Block zu finden. Nun ist es ihm gelungen …

Lauch & Co.

… und wir sind froh, so feine Sachen aus dem Weiler Liebewil kaufen zu können.

Kartoffel & Co.

Bereits haben wir unsere Lieblingsprodukte: Haferbrot, Trockenwurst, Suppenhuhn, Bintjekartoffeln, Randen und selbstgemachter Joghurt …

In unserem Block haben die meisten BewohnerInnen noch direkte Wurzeln aufs Land. Ihre Verwandten wohnen in Dörfern rund um die Welt, käsen, wursten, züchten Kaninchen, Legehennen, Hunde und wissen die Produkte aus Liebewil zu schätzen. Ausserdem bietet das Märitauto eine schöne Gelegenheit für einen Schwatz mit den NachbarInnen, sogar mit dem vorgeschriebenen Abstand.