Do 1 Dez 2005
Die Wochenteilung gestern war eine einsame Sache. Weit und breit kein Herr Hirsiger, der mir im Vorbeigehen schnell die neuesten Quartiernachrichten zurief, bekränzt mit guten Wünschen und der Frage, ob ich nichts vergessen hätte. Wie viele Nuss-Schokoladetafeln er im Laufe der Jahre für mich aus der Chuttebuese gezogen hatte, weiss ich nicht. Wie ein König thronte er sonst schon vor acht Uhr morgens auf einem Plastikstuhl vor dem „Denner“, streckte seine nackten Füsse in Turnschuhen wie kleine Schiffe von sich, umgeben von anderen Alten aus dem Quartier.
Diese Leere beunruhigte mich.
Heute traf ich eine der Frauen aus diesem Rentner-Kränzchen. Herr Hirsiger sei im Spital, er hätte eine Lungenentzündug. „Kein Wunder, wenn er sommers wie winters keine Socken trägt in diesem Durchzug. Selber schuld!“, sagt sie böse-besorgt.
Eben habe ich im Spital angerufen. Ich wurde mit der Schwester auf der Intensivstation verbunden. Da ich nur die Nachbarin sei, dürfe sie mir nicht sagen, wie es dem Mann gehe. Da müsse ich schon den Sohn fragen. Aber den Gruss richte sie ihm aus.
Den Christbaumschmuck seiner verstorbenen Frau hat Herr Hirsiger uns schon vor Jahren gegeben – damit er nicht verloren gehe.
Dezember 5th, 2005 at 09:49
Das ist wohl wieder einmal ein Kommentar untergegangen, meine Schuld, dass wir es nie schaffen, die neue WordPress-Version zu installieren.
Ich habe heute wieder ins Spital angerufen, nach wie vor Intensivstation, nach wie vor keine Auskunft. Ich weiss zwar viel über die Kindheit und den Beruf sowie die misslungenen Beziehungen der Söhne, habe aber keine Ahnung, wo ich sie erreichen könnte. Nun denn.
Dezember 6th, 2005 at 07:35
Das mit dem Kommentar tut mir Leid. Auch das mit Herrn H. Oft schon hatten wir zu Nachbarn eine enge Beziehung. Sie wurden alt und krank, starben – plötzlich kamen die fremden fernen Kinder, räumten auf, halfen umziehen, begruben im engen Familienkreis …