Sa 6 Aug 2005
Albert hat seine Hosen zum Waschen gebracht. Bei der Arbeit mit den Bienenvölkern gab es einen Fleck auf ein Hosenbein. Dieser hob sich, weil neuesten Datums, von den anderen ineinander übergreifenden Flecken deutlich ab.
Ich liebe Probleme, die ich gleich lösen kann. Juppii, die Hose ist eigentlich hellbraun mit einem feinen Fischgrätemuster, kann aber nach der Wäsche nun nicht mehr in die Ecke gestellt werden, eher kann man nun durch den Stoff Zeitung lesen. Albert will sich, gutes Zureden hin oder her, von den lützlen Beinkleidern nicht trennen.
Was liegt eigentlich für alte Menschen nach all den Sparrunden heute noch drinn? „Satt und sauber“ ist die Devise in den Altersheimen. Zu mehr reichts nicht.
Während der Ausbildung lernen die PflegerInnen zwar noch etwas über weitere Bedüfnisse dieser Altersgruppe, schreiben Diplomarbeiten wie: „Nicht-materielle Aspekte der Betreuung von Betagten“, „Gruppenarbeit mit älteren Menschen“, „Soziologie für die Altenarbeit – soziale Gerontologie“, „Das Recht der Alten auf Eigensinn“. Schon im ersten Praktikum kommt die Ernüchterung. Wenns für etwas nicht reicht, dann ist es sicher der Eigensinn.
(Will sich meine Mutter in aller Herrgottsfrühe von der Spitex-Schwester nicht waschen lassen, macht die Schwester der über Achzigjährigen „zur Strafe“ das Bett nicht. )
Man könnte sagen: Die Altersbetreuung steckt noch in den Kinderschuhen, und in solchen ist man schlecht gerüstet für anstehende Aufgaben.
Eine aufmerksame Blog- und Zeitungsleserin aus Deutschland hat mir diesen Zeitungsartikel zugeschickt. Danke, liebe Kristine. (neu verlinkt)
In der ganzen Pflegeheim-Tristesse wirkt das Dienstbotenheim in Koppigen, Kanton Bern wie ein helles Licht. Vor einiger Zeit wollte die Kantonale Gesundheitsdirektion das beinahe 100 Jahre alte Heim den neuesten Vorschriften anpassen. Die engen Stuben der betagten Knechte und Mägde sollten vergrössert und die sanitären Einrichtungen modernisiert werden. Erfolgreich wehrte man sich gegen diese Veränderung. Man brauche sie nicht. Die Alten seien nur zum Schlafen und Nachdenken im Stübli, sonst in Stall, Wald, Garten, auf dem Feld oder in der Küche. Gewaschen hätten sie sich ein Leben lang am Brunnen.
„Für viele ist das Heim nicht die letzte Station, sondern nur ein Stellenwechsel“, meint der Heimleiter Alexander Nägeli. Könnte man etwas Respektvolleres über alte Menschen sagen?