Sa 28 Nov 2009
Frau Hauswart* ist auf das Dach im 20. Stock gestiegen und hat den Stern aufgehängt. Für die heikle Montage erhielt sie Unterstützung von zwei ausländischen Nachbarn und einem Schweizer. Dieser nennt sich gerne „Eidgenosse“, was in seinen Augen eine Steigerung von „Schweizer“ ist. „Schweizer“ können sich (leider) auch diejenigen nennen, welche eingebürgert werden. So hat er für die Minarettinitiative gestimmt, denn er möchte nicht, dass auf seine Kartoffel-, Getreide- und Maisfelder Moscheen gebaut werden. Die beiden ausländischen Bewohner feiern in diesen Tagen Bairam und hatten überhaupt keine Bedenken, den Weihnachtsstern installieren zu helfen. Sie kauften einen neuen Lichterschlauch, legten ihn schön spitz in den Zacken, so dass der Stern pünktlich zum ersten Advent weit über die Häuser von Bethlehem leuchtet. Der Eidgenosse war begeistert und wollte den Stern auch tagsüber „durch brennen“ lassen.
*Der Hauswart war an der Beerdigung seiner Grossmutter im fernen Deçan.
November 29th, 2009 at 07:52
Der eine helfende Kosovare hat hier 30 Jahre auf dem Bau gearbeitet. Einmal, als er noch ein frischer Ausländer war, wurde er von einem Autoverkäufer über den Tisch gezogen. Nur per Gericht konnte er sich wehren. Noch heute zitiert er seinen damaligen Anwalt: „Als Ausländer in der Schweiz musst du eine grosse Schaufel haben, aber nur einen ganz winzigen Mund.“
Einen schönen ersten Advent und
frohe Bajram-Tage!
November 29th, 2009 at 11:30
Sollte ich Unrecht mit meiner Prognose und noch einmal Glück habe (Ablehnung der SVP-Initiative), so wird das nicht am Bundesrat, nicht an den Wirtschaftsvertretern oder an den Bildungsbürger/innen liegen, da sich von ihnen kaum jemand mit den „Eidgenossen“ des heutigen Proletariats anlegen mochte.
Es wird an denen liegen, die sich trotz aller Anfeindungen, trotz dem Alltagsrassismus immer und immer wieder einlassen auf die anderen, die ihre Nachbarschaft mit jedem und jeder pflegen, die die irgendwo wohnen, wo sie nicht nur unter „ihresgleichen“ sind. Wie z.B. die Hauswartsfrau.
Und wenn es so übel kommt wie ich vermute, so wird der soziale Frieden wieder vor allem von den Leuten abhängen, die gewillt sind, Konzessionen zu machen und die sich in allen Gesellschaftsgruppen und -schichten bewegen und sogar zwischen ihnen vermitteln können.
November 29th, 2009 at 16:27
übel