Di 13 Jun 2006
Manchmal reichen Kraft und Zeit einfach nicht, meinen Grossvater mit dem ÖV zu besuchen; weil wir etwas zu trasportieren haben oder weil es schnell gehen muss. Heute war ich mit dem Auto dort. Ich war diese Strecke schon lange nicht mehr an einem Werktag gefahren, hatte offensichtlich das Puppenstubenleben schon etwas verdrängt und wurde vom ländlichen Perfektionismus fast etwas überrascht.
Der Start in der Stadt mit den torkelnden Junkies, den Baustellen und den Flanierzonen, wo Senioren und Lastwagen einander unendlich den Vortritt geben, war noch ganz normal. Doch schon am Stadtrand holte ich einen putziger Konvoi aus Briefträgern mit Töffli und gelben Helmen ein, die einer nach dem anderen choreografisch abzweigten, um über saubere Strässchen auf gerade gemähten Hügeln vor aufgeräumten Häusern weisse Briefe abzugeben. Das beliebte Heiratskrichlein Schlatt war zwar eingerüstet, aber die Baufirma verriet mir ihren Namen und ihr Vorhaben auf dezent beigen Planen. Eine glänzend schwarze Katze hatte ihrer glänzend grauen Maus das Genick so sauber gebrochen, dass sie absolut ungestört vor vor mir die Strasse überqueren konnte. Der Traktorfahrer mit den vier Guschti im Anhänger winkte mir nett in der Kurve mit durchzogener Sicherheitslinie, ich dürfe gerne überholen. Die Gärten, die Hecken, die Wäsche, die Miststöcke, die Stallungen, die Grossmütter mit den Körbchen, die Enkelinnen mit den Hütchen, die Beflaggung – einfach perfekt.
Da plötzlich in der Scherli-Au der Bruch. Ein Kehrichtsack am Strassenrand war kaputt gegangen, der ganze Inhalt lag verstreut auf der Hauptstrasse, die Leute standen am Rand und schüttelten besorgt ihre Köpfe. Sollten Sie den gewichtigen Verkehr mit Heu und Veh behindern und aufräumen oder doch lieber warten? Ich bremste auf Schritttempo ab und besah mir den Schaden an der Landschaft durch die Frontscheibe. Und ich sah ungefähr ein Dutzend gebrauchte aber akkurat zusammengeklebte Windeln, vier sauber ineinandergesteckte Plastiktöpfchen wie man sie beim Pflanzenerwerb bekommt, sowie eine komplett ausgedrückte Tube Tomatenpüree und eine bunte Verpackung – vermutlich von einer Kochzeitschrift – dort liegen. Diese Hausfrau bestünde jeden Abfalltrenn-Doppelblindtest. Perfekt.
Juni 14th, 2006 at 08:41
Obwohl ich den Werktag auf dem Land bestens kenne: immer wieder unglaublich!
Juni 14th, 2006 at 23:39
Verdächtig! das Ganze.