Mi 25 Nov 2020
Am frühen Nachmittag mache ich einen Besuch bei meinen Enkelkindern im 12. Stock. Zusammen mit ihrer Mutter sind sie daran, eine kleine Tanne aus Plastik in einem Topf zu schmücken. Auf der Spitze sitzt ein silberner Vogel, an den hellgrünen Ästen glänzen winzige Silberkugeln und verschneite Tannzapfen. Um das Minibäumchen ist bereits eine Minilichterkette gewunden.
Von der Zimmerdecke hängt ein Sternenstrang mit einem Glas für eine Kerze. Kleinesmädchen schleppt einen weiss gekleideten Nikolaus herbei. Er ist beinahe so gross wie das Kind und trägt eine Laterne. Ein paar Handgriffe von Papa Hausmeister und die Laterne samt Samichlausenkragen leuchtet.
Eigentlich hätte Frau Schwebel noch eine weitere Laterne zu vergeben, aber meine Tochter winkt entschieden ab, sieht mehr als genug Lampen in der Wohnung.
Ende November ist die Zeit, wo die älteren Bewohner und Bewohnerinnen im Block sich ihrer Weihnachtsdekoration widmen. Entweder wird entsorgt verschenkt oder ersetzt, was auch Entsorgen heisst. Da mein Schwiegersohn, der Hausmeister, auf eine äusserst entbehrungsreiche Kindheit zurückblickt, fällt es ihm schwer, solche Sachen wegzuwerfen. Letztes Jahr schmückte er mit Ausrangiertem die Fenster des Gemeinschaftsraumes. Als ein Umweltbewusster seinen Topftannenbaum dann doch nicht behalten wollte, fand der Hausmeister einen Platz im Wald, wo das Tännchen – letzthin haben wir es besucht – prächtig gedeiht.
Kurz befürchten die Kinder, dass das Plastikbäumchen der diesjährige Christbaum sein würde. Nein, nein, wir holen wieder einen beim Förster.
Wir beschliessen, dieses Jahr einige Weihnachtslieder etwas früher zu üben, obwohl das Singen jetzt etwas vom Gefährlichsten ist. In einigen Schulen wird nicht mehr gesungen. In der Schule der zwei Grossen singt man noch. Unsere Jüngste erklärt mir, dass nicht nur das Händewaschlied gesungen werde, sondern auch die Geburtstagslieder und alle Lieder überhaupt.
Gestern habe auch ich die Krippenfiguren aus den Tiefen von Grossvaters Trögli herausgeholt, allerdings sang- und klanglos.