Nebelmeer

… ist dem andern sin Nebelmeer.

Im „Tannligarten“, der Baumschule im Wald auf den Langen Berg, nehme ich einen Bund Weisstannenäste und werfe das Geld in die Öffnung an der Hüttenwand. Noten können mit dem an einer Schnur befestigten Racletteschaber durch den Schlitz gestossen werden.
Es ist Zeit, die Gräber der Eltern einzuwintern – vor dem ersten Advent und auch, um den guten Ruf zu wahren. Das Dorf ist wie ausgestorben. Trotzdem bin ich froh, wenn sich meine Enkel schleunigst auf dem Friedhof in Sicherheit bringen, denn hier werden die Autos und Traktoren täglich mit Hafer gefüttert, so dass sie oft unverhofft aus einer Einfahrt ausbrechen und in rasendem Tempo durch die Strassen brausen.
Während über der Stadt seit Tagen eine Hochnebeldecke hängt, sich in den Tälern hinauf zum Berg die Nebelschwaden wälzen, breitet sich unterhalb des Dorfes …

Friedhof

… mit seinem Friedhof …

Nebelmeer mit Voralpen

… ein wattiges Meer aus.

Mein Schwiegersohn und ich schneiden die Lavendel-, Minzen- und Thymiansträucher auf den Gräbern zurück, räumen Verdorrtes ab und stecken eine Decke aus kleinen Weisstannenästchen in die Erde. Zuletzt legen wir einen Kranz aus verschiedenen Zweigen mit kleinen Zapfen und eine roten Grabkerze darauf. Die Kinder kommen zurück aus der Kirche, erzählen, dass sie drei Lieder gesungen, dazu natürlich die Mützen abgenommen hätten.
Noch ein Blick übers Nebelmeer zu den Alpen,

Alpen

und bald schon haben wir den Hochnebel wieder über uns.

Was habe ich nicht alles getan, um den kommenden Winter zu verdrängen! Erst, als ich so heiser war, dass ich kaum mehr ein verständliches Wort heraus brachte, erwog ich, doch bald einmal die Heizung aufzudrehen und die Winterkleider aus dem Keller zu holen. Nun, da in den Wettervorhersagen die ersten Schneeflocken „in den Niederungen“ auftauchen, bin ich froh, dass alle zweihundert Tulpenzwiebeln im Boden sind, die Endivienstauden einen Kragen aus Holzwolle erhalten haben und der Kompost über die ruhenden Gartenbeete verteilt ist.