Mi 23 Jun 2021
Nach dem Umweg über ein ebenerdig gelegenes Geschäft, das nach dem Umbau aussah wie eine Kreuzung zwischen Sennhütte und Kraal, werde ich heute späte Kundin eines Ladens, der sich ein paar Schritte von der Tramhaltestelle entfernt befindet. Auch hier ist renoviert worden. Weil meine Fachfrau noch einen italienischen Anruf entgegen nehmen muss, habe ich Zeit, mich umzusehen. Obwohl in den Räumen jetzt Brillen verkauft werden, kommen bei mir Kindheitserinnerungen auf, als man hier feinste Mercerie, Stoffe, Spitzen, elegante Handschuhe und Strümpfe angeboten bekam. Nicht nur die Knöpfe wurden in Paris eingekauft. Der Geschäftsinhaber und seine Frau besuchten auf ihren Reisen u.a. Braque und Picasso und legten den Grundstein zu einer eindrücklichen Kunstsammlung.
Meine Optikerin entschuldigt sich für die Verzögerung, denn abgemacht waren 45 Minuten Beratung. Ich beschrieb kurz meine Brillenwünsche und schon bald bekam ich 2 Platten mit Fassungen vorgelegt – jugendlich, modisch und in verschiedenen Farben. Wie hier schon mal geschrieben, wollte ich nichts Rotes und wähle dann eine von Carolina Herrera – in Rot.
In den nächsten zwei Stunden lasse ich mir auch eine schlichte Sonnenbrille mit sehr guten Gläsern anpassen. Inzwischen weiss ich schon einiges über das Leben meiner Optikerin. Noch zwei weitere Stunden und wir wären beste Freundinnen. Allerdings muss ich wegen Lieferschwierigkeiten noch auf die Brillen warten. Ein Frachtschiff namens „Ever Given“ sei aufgehalten worden und man habe noch nicht alle Container entladen und deren Waren aufdröseln können.
Es sei wieder mal Zeit für einen Familienausflug, meinten die Jungen im Mai. „Wie wär’s mit Ballenberg? Da gibt’s für Jede und Jeden etwas“, schlägt die Freundin meines Enkels vor. Am ersten Junisonntag sind wir dann tatsächlich im Berner Oberland – ich nicht besonders begeistert, aber keine Familienausflugsverderberin.
Bis jetzt hatte ich dieses Freilichtmuseum immer gemieden, aber schon bei der Führung durch den Kräutergarten „het’s mer dr Ermu ine gno“ – einfach zauberhaft, diese Kräuter und dazu die alten Rezepte und Geschichten.
Meine Grosseltern waren Tagelöhner und lebten in solchen Taunerhäuschen.
Kein Wunder, dass diese Familien ihre Kinder in solch ärmlichen Verhältnissen nicht selber aufziehen konnten, sondern sie bei reichen Bauern verdingen mussten.
Im Freilichtmuseum gibt es aber auch Prächtiges zu besichtigen, wie etwa das Gosteli-Haus. Darin finde ich einen Stammbaum, der mich zum Recherchieren anregt. Ist Barbara Gosteli, geboren 1681, meine Vorfahrin vor 7 Generationen? Ich muss bald einen Blick in den Kirchenrodel meiner früheren Heimatgemeinde werfen.
Meine Enkelin und ich verputzten nicht alle Erbeeren (Teil I). Es reichte noch für sieben Gläser Konfitüre.
Juni 29th, 2021 at 12:25
Ach ja, ich bisher Brillenlose mit Adleraugen muss nun langsam doch an eine Sehhilfe denken. Zur Zeit schlage ich mich mithilfe von Lesebrillen durch, aber früher oder später komm ich nicht drum herum, ebenfalls eine Optikerin zu suchen.. Lustig, dass deine neuen Brillen auf der Ever Given dabei halfen, den Suezkanal zu blockieren. Auf dem Ballenberg war ich ewig nicht mehr, dabei fand ich es bei meinem ersten und einzigen Besuch dort ziemlich spannend. Hab noch einen Brotsack, der vor Ort gewebt und genäht wurde und seit 10 Jahren einwandfrei seinen Dienst tut!
Juni 29th, 2021 at 17:48
Liebes Granium, eine Brille wird dir sicher sehr gut stehen. I dr Schiibrülle gsesch ömu super us!
Wenn die Ägypter sich mit den 550 Mio Dollar Entschädigung nicht zufrieden und deshalb den Mega-Frachter nicht frei geben, kann ich noch lange auf meine Brillengläser warten. Wahrscheinlich brauche ich dann wieder ein neues Rezept. Das sind halt so globale Rattenschwänze.
Ballenberg hat sogar unseren Teenies gefallen. Da sieht man wieder, wie nachhaltig so währschaft Gewebtes ist!