Mi 22 Mrz 2006
Ich stehe an der Bushaltestelle und beobachte die Erweiterung der Taubenplage an der Blockfront. Leise zupft mich jemand am Ärmel. Die Frau, die unter meiner Mutter wohnt, beugt sich vor und sagt: „Ich habe Bescheid bekommen vom Baumgarten.“
Ich verstehe. Das bedeutet, dass sie sich jetzt entscheiden muss, ob sie ins Altersheim umzieht. Wenn sie noch rüstig zügelt, kann sie noch vieles selber bestimmen, wenn sie zu lange wartet, wird für sie entschieden und sie muss sich irgenwo in ein Zimmer hineinquetschen lassen.
Ich frage zögernd „Und, haben sie sich schon etwas dazu überlegt?“
„Ach!“ Sie legt die eine Hand an die Schläfe die andere, mit der beigen Handtasche am dünnen Unterarm, ans Herz. Dann reisst sie beide Hände in entgegengesetzter Richtung auseinander und ruft: „Kopf und Herz sind so weit auseinander wie nie zuvor!“.
März 22nd, 2006 at 06:46
Traurig finde ich das, denn die Frau ist noch gut zu Fuss und könnte mit der nötigen Unterstützung der Spitex und ihrer Söhne noch lange in der Wohnung bleiben und ihr hellen, neuen Möbel geniessen. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie nämlich die alten, dunklen Ungetüme entsorgt.
März 22nd, 2006 at 09:58
Unbedingt so lange wie möglich in der eigenen Wohnung bleiben.
Um vielfach höhere Lebensqualität.
März 22nd, 2006 at 18:11
Der Baumgarten in Bern besteht aus einer Siedlung und einem Wohnheim. Die Dame kann die eigenen hellen Möbel auf jeden Fall mitnehmen und lebt dort möglicherweise noch Jahrelang sehr eigenständig mit absolut hoher Lebensqualität. Dienstleistungen müssen nicht – können aber in Form von Spitex in Anspruch genommen werden – je nach den persönlichen Bedürfnissen…
Zu Hause ist es am Schönsten – ja genau, so ist es!!
Deshalb würde ich immer eine Alterseinrichtung empfehlen, in der die Bedürfnisse nach eigenständigem und privatem Wohnen, mit viel Sorgfalt Rechnung getragen wird. Wirklich zu Hause sein – auch wenn gezügelt und die Zimmerzahl verringert werden muss.
Wenn es die körperliche und geistige Gesundheit erlaubt, können die Bewohner bis zuletzt in ihren eigenen vier Wänden, in der Siedlung oder im Wohnheim, bleiben. Wie früher im eigenen Haus, gehen die Angehörigen unbehelligt ein und aus – die Eltern sind ja dort private Mieter und leben ihr persönliches Leben mit den gewohnten sozialen Kontakten zu ihrem Umfeld – das ist auch Lebensqualität.
März 24th, 2006 at 15:34
Ja, Rinaa, du hast Recht. Ich glaube, das war, was die Dame gemeint hat, als sie sagte, Kopf und Herz seien so weit auseinander. Und dass man bei uns keine Wohnung erreicht ohne Treppen steigen zu müssen, ist einfach eine Tatsache und ein wenig auch ein Guillotine.