Frau K. kommt mit schmerzenden Beinen an die Bushaltestelle. Obwohl sie Gesundheitssandalen trägt, sind die Füsse aufgeschwollen. Seit einigen Monaten arbeitet sie in einer mit Taschen und Schirmen vollgestopften Lederboutique in der Altstadt. Das Schlimme ist, dass man sich darin die Beine nicht vertreten kann. Alle Arbeiten muss Frau K. im Nachstellschritt erledigen. Dazu kommt noch, dass sie den Detailhandel in Leder nicht gelernt hat. Die KundInnen stellen oft Fragen, die sie nicht beantworten kann. Sie gibt es offen zu, wenn sie etwas nicht weiss. Ist der Chef telefonisch zu erreichen, fragt sie ihn.
Eigentlich kommt sie aus der Textilbranche „Schweizer Spitzen“, aber seitdem die Leute keine Blusen mit Spitzeneinsätzen mehr tragen und der Handel mit Spitzentaschentüchern rasant zurück gegangen ist, braucht man keine Spitzenverkäuferinnen mehr. Eine königliche Hochzeit gibt es ja auch nicht jeden Tag, an der Sankt Galler Stickerei gefragt ist. Die sexy Unterwäsche wird übers Internet verkauft.
Heute hatte Frau K. den ganzen Nachmittag nur eine Kundin, eine Schwedin, die in den Laden kam, um ihr ein bisschen von ihren schweizer Verwandten zu erzählen.
„Eigentlich arbeite ich nicht, es ist mehr ein Ladenhüten,“ meint Frau K. Sie geht gerne nach Hause. Der Bauplatz vor der Wohnung stört sie nicht.
Ihr „Bub“ ist dort Bauführer. So einen ordentlichen Bauplatz findet man kaum, da hat alles seinen Platz und die Erdwälle sind akkurat aufgeschüttet.
„Der Bub baut nicht für heute, er baut für die kommende Generation.“
Eins ist sicher: Libeskind ist als Architekt kein Mann des Nachstellschritts.