Im Januar werden in Bern zahlreiche betriebliche Weihnachtsessen nachgeholt. Wie schon im letzten Jahr, sitze ich eng placiert in einer italienischen Beiz, vor mir eine Pizza Vesuvo, die noch ein bisschen zu den Tischnachbarn hinüber lappt.
Das Gesprächsthema ist nicht der abwesende Direktor, nicht der Wal in der Themse, und auch nicht die heikle Lage in Kosovo nach Rugovas Tod.
Nein, es ist die Winterolympiade in Turin. Diese hatte ich völlig vergessen. Schnee sei keiner vorhanden, man müsse ihn täglich neu machen. Heute sei die Heizung in den Büros des olympischen Welcome-Centers ausgefallen, und es habe nur Notlicht gegeben. Die Bauarbeiten würden hauptsächlich von Malaien und Chinesen ausgeführt, denen ein ungesetzlich niedriger Lohn gezahlt werde. Der Kartenverkauf laufe, entgegen den Behauptungen in der Presse, hier nur harzig an. Die Italienerinnen und Italiener interessierten sich halt für nichts, das nicht mit Fussball (oder …) zu tun habe. Ausserdem könnten sich viele den Preis von 50 Euro für eine Eintrittskarte gar nicht leisten. Ein geschniegelter Maresciallo sei vorbei gekommen und habe dem Organisationskomitee in Italienisch einen Vortrag über Evakuierung gehalten. Übersetzungen zu den Sicherheitsmassnahmen fehlten zur Zeit. Dafür seien die Uniformen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fertig geworden: rot-beige mit passenden Wildlederschuhen. Bis zu Grösse 40 wurden diese im Süden und ab Grösse 41 im Norden der Stadt Turin angefertigt. Man müsse sparen und suche immer noch freiwillige Helferinnen und Helfer. Leider hätten diese oft keine Fremdsprachenkenntnisse, und es sei schwierig, sie in ihre Aufgaben einzuführen. Wenn man sich in der piemontesischen Nacht samt Windjacke unter die dünne Decke lege, beginne man zu zweifeln, dass aus dem Chaos noch etwas werde bis zum 10.02. Aber es sei bald Frühling dort unten und mit ihm werde sicher die olympische Stimmung einkehren. Die Mitarbeiterin aus dem Wallis lacht. Wären sie mit den Spielen zu uns gekommen. An Schnee mangelt es im Wallis nicht und für Stimmung hätte ein Profi Ogi schon gesorgt.