[31. Januar 2004: Email „aus schwersten zeiten von einem optimisten mit lebenserfahrung“. C.D. geb. in Budapest, ist Musiker und Computerfachmann, lebt seit 30 Jahren in der Nähe von Haifa]

…schon lange zeit habe ich nicht geschrieben, weil ich sehr beschaeftigt war mit arbeitssuche, die beinahe hoffnungslos war. es ist ein wunder, dass ich einen arbeitsplatz gefunden habe, wenigstens fuer kurze zeit. nicht durch annonce oder zeitung, nur von mund zu ohr – so geht das hier im heiligen land. natuerlich ist das gehalt nur 1/3 von dem was ich bisher verdient habe, aber ich muss zufrieden sein, dass ich ueberhaupt lebe. meine freunde, die professoren von der computerbranche, suchen noch immer, schon 1 jahr und 7 monate. leider ist hier eine unmoegliche situation. die leute werden schon mit 40 zu „alten sachen“ degradiert. das habe ich am eigenen koerper gespuert. die sorge für andere ist nicht in mode. hier ist es jetzt zu dem zustand gekommen: ausbeuter und ausgebeutete. die arbeitgeber verdienen 1500!!! mal mehr als die einfachen arbeitnehmer. in jeder branche dasselbe. wir halten den weltrekord. eines tages wird das explodieren. die gesellschaftliche spannung ist hier so gefaehrlich, dass die ganzen arabischen armeen zusammen nicht gefaehrlicher sein koennen als die gegenwaertige lage.
sonst ist alles in ordnung – relativ, wie es hier moeglich ist. Nur gestern war wieder ein selbstmordanschlag, 10 tote und 50-60 verletzte. das zaehlt hier schon zum grauen alltag.
jetzt zu den guten ereignissen. vor einer woche habe ich mit meinem orchester in Mishmar haEmek ein konzert gegeben. es war ein grosser erfolg, und wir haben viele einladungen bekommen. mein spiel auf dem waldhorn ist viel besser als vor 30 jahren (bin ich reifer geworden??) zur zeit arbeite ich an einem projekt in Hod haSharon, wo sehr viele hitech-musiker leben. wir sind nur 15-20 leute, aber langsam waechst unser orchester weiter. das spielen ist wichtig für die Seele …