Frau T. serviert seit ihrem 18. Lebensjahr. Das sei ihre Welt, aber nach fast dreissig Jahren will ihr Rücken nicht mehr, schwere Getränkekisten, beladene Tabletts – unmöglich. Die Verhandlung mit der Invalidenversicherung zieht sich hin. Ab und zu ruft sie dort an, obwohl die zuständige Beamtin alles andere als freundlich ist. Frau T. leidet unter Atemnot, hat Magenprobleme, seitdem sie zusammen mit ihrer Tochter von knapp 2000 Franken im Monat leben muss.
Es war ein Glücksfall, dass sie im Quartiercafé eine Stelle bekam. Als Fachfrau wurden ihr 43 Stunden à 10 Franken fürs Einarbeiten berechnet. „Wo ist da die Gerechtigkeit?“ fragt sie sich. In ihrem Leben hat sie doch schon ganz andere Läden geschmissen als dieses Café. Aber eben, in ihrer Situation musste sie noch dankbar sein, dass sie überhaupt etwas bekam. Trotz allem versucht Frau T. freundlich zu sein. Freundlichkeit ist im Service beinahe alles.
Die Kasse stimmt immer. Nur gestern fiel ihr ein Fünfzigrappenstück unter die Theke. Sie konnte es einfach nicht mehr finden.
„Da kam“, erzählt sie mir strahlend, „euer Töchteli, nahm fünfzig Rappen aus dem Geldbeutel und gab sie mir. Ich wollte das Geld nicht nehmen, aber ds Töchteli liess es einfach liegen.“