Fr 28 Jan 2005
Zehn Monate lang ziehen die smarten McKinsey-Berater durch das Hauptquartier des orangen Riesen in Zürich. Sie wissen zu straffen, zu streichen, verstehen sich aufs Outsourcen, bringen Benchmarks mit, erledigen für den Oberboss Anton Scherrer das Grobe. Ihre Notizen machen sie nicht auf einem Fressfötzel, wie unsereins, nein, sie schreiben auf gelbliche Einheitsblöcke, blau liniert, faxen die Notizen abends nach Indien, wo billige Spezialistinnen flugs die Exceltabellen erstellen, mit denen der mckinseysche Clan am nächsten Tag „durch die Korridore tigert.“
Falls ihr kein WOZ-Abo zu Weihnachten bekommen habt, liebe Migros Kundinnen und Kunden, könnt ihr den aufschlussreichen Artikel von Marc Badertscher hier lesen.
McKinsey im Betrieb sei der Anfang vom Ende, meint mein Schwiegersohn, der sich in Wirtschaftsfragen auskennt. King Scherrer, (nebenbei auch noch der Erfinder der Mutterschaftsversicherung), ist da anderer Meinung. 6 Mio Franken lässt man sich ein solches Konzern-Lifting kosten. Das Feintuning ist dann nur noch eine Bagatelle. Was sind schon 200 abgebaute Stellen bei einem so grosszügigen Sozialplan?
Sind die Mitarbeiter genug verunsichert, so dass einer dem anderen nicht mehr traut, alle um den Arbeitsplatz bangen, haben sämtliche Chef und Chefinnen der Welt ein leichtes Spiel. Beim nächsten Mal spielen sie noch besser.
Die Migros wurde von einem Unangepassten gegründet, der die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für seine Ideen zu begeistern verstand und deren Wohlergehen für ihn wichtig war. Gottlieb Duttweiler gelang es, etwas Einzigartiges zu schaffen.
Dreht er sich manchmal im Grab herum, wenn seine Nachfolger sich so überzeugt in den Mainstream stürzen?
Januar 29th, 2005 at 09:50
Saletti! Ich oute mich hiermit als M-Einkäufer. Ob M-, Coop- oder Lädeli-Einkäufer ist ja in der Schweiz stärker identitätsstiftend als die Konfession – und wird im Gegensatz zu dieser auch über mehrere Generationen vererbt. Ein Bürgerkrieg in der Schweiz würde wohl eher entlang dieser Grenzen geführt – wobei das ganze vielleicht dran scheitern wird, dass die verschiedenen Orange-Töne nicht zu unterscheiden sind. Klassisch schweiziersche Konfliktvermeidung also.
Ja, ich kann da beipflichten, die Swissair Hat Mc-K in wenigen Jahren in Grund und Boden geritten. Ein Szenario für die M wäre also, dass der ganze Laden vielleicht an VOLG geht, auf einen Drittel der Filialen reduziert (die grossen schliesst man am liebsten) und endlich mit viel staatlichem Geld in der Tasche pleite geht. Vielleicht ist ja die Mc-K-Übung nur eine Tarnung – und dahinter stehen Pestalozzi, Waber/Jenni und Loosli.
Wenn wir schon beim M-Bashing sind: das neue Logo ist schrecklich.
Januar 30th, 2005 at 03:32
Lieber Alphonse, wie wahr wie wahr, das mit den Generationen. Hab mich doch letzte Nacht gefragt, weshalb ich mich so über dieses Thema ergelschtere. Das liegt sicher daran, dass in meiner Familie sowohl Onkel als auch Tanten ihr Herzblut für M gegeben haben. Die beiden letzten Verkaufswagen liess man im Betrieb, bis Onkel Werner, der Abteilungsleiter, pensioniert wurde. Auf dem Land galt ein M-Einkauf als Hochverrat, aber als junge Mutter war ich froh, wenn der Lastwagen ins abgelegene Kaff einfuhr. Der nette Verkäufer, der zugleich auch der Chauffeur war, schenkte meiner kleinen schönen Tochter bei jedem Einkauf einen Schoggistengel. Ganz klar, dass sie heute mit Mann und Kind zu den treuen Kunden von M gehört.
M gibt für die Werbung scheints jährlich 220 Mio Franken aus. B. Mühlemann wurde mit seinen M-TV-spots Werber des Jahres 2004.
Logo, Magazin und Website sind ein unzumutbare Zumutung.
Mit dem Leserbrief an den „Bund“, in welchem ich mich beschweren wollte, dass wohl den Rabenkrähen, nicht aber den Machenschaften im M-Hauptsitz Raum gegeben wird, warte ich noch. Sollte es sich beim WOZ-Artikel tatsächlich um eine verkappte P/W/J/L-Aktion handeln, würde ich mich in der Stadt lächerlich machen. Ich recherchiere noch.
Januar 30th, 2005 at 16:01
Und weil ich irgendwie den Verdacht habe, dass das Thema noch eine Weile beschäftigen wird (ja, ja, genau wie die Swissair, ein wertvoller Hinweis, hatte ich glatt vergessen, dass die McKs dort auch waren, danke Alphonse), habe ich mal eine entsprechende Kategorie eröffnet.