Mi 15 Jun 2016
Wahrscheinlich hätte ich es nicht gekauft, aber ich bekam das fadhellgrüne Buch geschenkt und Geschenke lese ich immer – irgendwann. Ich kämpfte schlich mich einige Tage durch die Seiten, um dem Geräusch der Schnecke beim Essen zuzuhören. (Schliesslich wurde die Oberleserin Elke Heidenreich Seite um Seite mehr verzaubert von so viel kleinem Wunder.)
Dieser Zauber wollte sich bei mir nicht einstellen, hatte ich es doch meist mit Nackt- und nicht mit Hüslischnecken zu tun. Aber nach 169 Seiten hielt ich mich dann mit Schneckenkörnern im Garten ziemlich zurück, trug die Viecher in einen abgelegenen verwilderten Winkel oder beförderte sie in die Kompostbehälter des ehemaligen Schulgartens. Aus dieser Verbannung können sie sich natürlich jederzeit wieder anschleimen.
Heute gab es eine Regenpause und ich eilte in den Garten, um den halb ertrunkenen Randensetzlingen grüne Hüte aus Kunststoff überzustülpen, Unkraut zu jäten, Stauden aufzubinden, den verblühten Akalei abzuschneiden. Zu meinem Erstaunen konnte ich schon die ersten Kefen ernten. Bald schon prasselte der Regen nieder, hinterhältige Blitzchen zuckten, Donner rollte vom Westen her.
In den Reihenhäusern meinem Garten gegenüber schoben Väter Fertigpizza in den Ofen, Mütter riefen die Kinder ins Haus. Man ass heute früher: der Match. So ein bisschen blöd kam ich mir schon vor, als ich unter den riesigen alten Bäumen Schutz suchte. Soll dann im Gratisblatt stehen: Rentnerin im Garten vom Blitz erschlagen?
Klatschnass vertraute ich darauf, dass dieser in den Blitzableiter meines Blocks und dann in die Hölle den Boden fahren würde.
Bei der nächsten Regenpause fotografierte ich ein paar nasse Stauden, die trotz der anhaltenden Attacken von oben und unten standhaft und schön geblieben sind – eigentlich zauberhaft.
Die Sprache der Blumen:
Huflattich: Spar‘ mir jeglichen Verdruss!
Funkie: Warum so kleinlaut?
Frauenmantel: Bleibst du zu meinem Flehen stumm?
Fingerhut: Bist du mir gut?
Königskerze: Ich blühe dir zum Ruhme.
Hosta: Nie blendet mich der äussre Glanz.
Baumtropf: Mich jammert der Tropf!
Kohlrabi: Verhasst ist mir das zärtliche Getändel.
Kefen: Ich liebe deine Stille.
Kletterrose: Willst du Glut entfachen?
Juni 16th, 2016 at 18:57
einfach wunderschöne Bilder (und Texte!)
Hast du keine Acker-Winde? Wenn es so viel regnet und ich wenig Zeit habe, ersticken sie einfach alles. Dafür habe ich nur Weinbergschnecken und keine Nacktschnecken….
Juni 17th, 2016 at 08:20
Uhh, die Ackerwinden, diese Würgerinnen! Sie hatten, als wir den „Garten“ übernahmen, alles umschlungen.
Weinbergschnecken sehe ich nur noch im Tierbuch.
Ein Trost: Ackerwinden blühen auch schön;-)
Juni 20th, 2016 at 16:26
Zauberhaft – ausser den Schnecken natürlich. 🙂
Ob dieser Link dir gegen diese hilft? (Wenigstens bei Kübelpflanzen…)
https://www.frag-mutti.de/schnecken-s275/
Zauberhaft können übrigens Schneckenhäuser sein. Wenn du Geduld und einen Schleifstein hast, kannst du eins so „öffnen“. Während du dann den Bau studierst und vielleicht nachzeichnest, vergisst du alles andere, und das grausigste Sauwetter kann dir nichts anhaben!
So geschrieben bei 35° im Schatten.
Juni 21st, 2016 at 19:57
@vered
langsam lichtet sich das graue Gewölk und es sind uns zwei sonnige Tage versprochen.
Wie schon erwähnt, sehe ich in meinem Garten keine Schnecken mit Häusern. Aber inzwischen bin ich mit diversen Schneckenzäunen, Schneckenkragen und -hüten recht gut ausgestattet, so dass wir, trotz der hungrigen Nackten, immer etwas Grünes auf den Tisch bekommen.
Ganz herzliche Grüsse weit übers Meer!