In diesem Jahr ist der Ausverkauf wesentlich einfacher geworden. Nicht, dass das Gschtungg aus Gassen und Geschäften verschwunden wäre – Gottbehütenein – aber immerhin lassen sich die Rabatte einfacher ausrechnen. 50% geht der Kundschaft besser vom Kopf als 30, 70, 15%. Es kann ja auch sein, dass man am liebsten dort einkauft, wo 50% nachgelassen werden, wie bei den gepolsterten BHs, den Weihnachtsservietten und den Eiernudeln im Sechserpack.
Also, mich störts nicht, stösst mich auch nicht in Depression, wenn die StadtbernerInnen beim Einkaufen heftig durchmischt werden mit denen aus Freiburg, Biel, Aarberg, Burgdorf, Neuchâtel, Thun und Trubschachen. (Solche, die gerne unter sich bleiben, gibt es hier in der Mutzenstadt halt auch).
Im Tram fällt sie mir schon auf, die weisshaarige Dame in rosa Mantel mit rosa Pelzkragen, ein zartes Wintervögelchen unter uns Krähen. Als ich in den 14er umsteige, setzt sie sich mit zwei prallgefüllten Platiktaschen neben mich. Sie fahre nur bis Lory, wolle ihren Hund bei der Tochter abholen und dann weiter nach Thun, wo sie seit der Pension ihres Mannes wohne, wohnen müsse. Ab und zu überkomme sie aber das Reissen, so richtig einzukaufen. Das könne sie nur in Bern, wo sie zwanzig Jahre gewohnt habe. Der Mann finde zwar, sie besitze mehr als genug, brauche eigentlich nichts mehr. Aber eben, den Männern könne man nie klar machen, dass Frauen immer etwas brauchen. Sie hat ihm eine Gulaschsuppe hinterlassen. Er muss nur den Herd anmachen. Sie traut ihm zu, neben dem Gulaschsuppenpfänni zu verhungern, weil er sich zu schade ist, den Schalter zu drehen. Er gehört halt noch zur alten Garde und bei dieser werden nur die Männer pensioniert.
Bei Lory schwingt die Heimwehbernerin ihre Taschen geübt vom Sitz, stöckelt auf Silberabsätzchen zur Tür. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie neben den zwei Riesentaschen auch noch den Hund samt diversen Zugverspätungen Richtung Oberland managt.