So 20 Mai 2012
Im Moment könnten einem Gärten zum Hals raus hängen. Keine Zeitung, kein Magazin, die nicht irgendetwas über Grünzeug schreiben, kein Fernsehsender, der keine Tipps und Tricks zur Selbstversorgung auf dem schmalsten französischen Balkon berät. (In L.A. sind bepflanzte Kloschüsseln auf chicen Dachgärten der Renner, und in England muss das Lustwandeln, Lustgraben und Lustpflanzen im Klostergarten, – an- oder ausgezogen – für den September schon jetzt gebucht werden). Besonders der urbane Garten ist im Moment absolut in, denn Raum ist in der kleinsten Tüte. Von Beiträgen in Blogs und Gartenblogs rund um die Welt nicht zu reden. Dass ein kleiner Film wie „Unser Garten Eden“ eben einen europäischen Preis gewonnen hat, ist in dieser Zeit der urbanen Selbstversorgung nicht verwunderlich. (Der Film wurde in meiner Nachbarschaft gedreht.) Ganz klar sind in dieser unserer Stadt zahlreiche Zierkübel mit Raps oder einem Pro-Spezia-Rara-Kraut bepflanzt. Bald sollen ja auch die ausgedienten Einkaufswagen in Bern gelb gespritzt, für den mobilen städtischen Gemüseanbau frei gegeben werden.
Auf dem Samstagsmarkt ist es mit diesem Gartenvolk echt grässlich! Vor dem Stand mit Gemüsesetzlingen: „Schahatz, (Muntsch-muntsch), möchtest du Rot- oder Weisskabis?“ „Ich habe eigentlich an Spitzkabis gedacht (Muntsch-muntsch)“. Und wie freuen sich diese Leute, wenn die Märitfrau sagt: „I gibe-n-ech no-n-es Stüdeli drüber-i, ds einte isch e chly n-es Miggerigs“. Am besten verlässt man diesen überbordend fröhlich-bunten Ort sofort, wo an jeder Ecke Pflanzpläne geschmiedet und Pflanzmisserfolgen der vergangenen Jahre auf den Grund gegangen wird. Aber ja nicht über eins der zahlreichen Kleinkinder stolpern, welchen der Platz im Kinderwagen von Setzlingen weggenommen wurde!
Das alles geht ja noch. Am schlimmsten sind diese angefressenen Gärtnerinnen und Gärtner in der Familie. Bei jedem Essen hört man eine Story über den Salat – Eichblatt, Kopf, Kresse, Schnitt – der dank Frühbeet früh im Jahr auf den Teller kommt, von den Kräutern, die, Baruch haSchem und Alhamdulillah, dem eisigen Frost getrotzt haben, von dem Lattich, der als Gratin besonders fein schmeckt, der Minze (es gibt davon viele Sorten), bei welcher die marrokanische besonders minzig schmeckt. An jedem Löffel Rhabarberkompott hängt ein Geschichtchen – wie lange darf man ernten, wie rotodergrünoderdoch rotgrün darf der Stängel sein, welche Nachbarn bekommen etwas, jede Beere wird kommentiert – von Schnecken durch Piniennnadelunterlage oder aus verlassenenm Garten gerettet. Eeendlos und ehrlich ein bisschen nervend – sorry. Klar lesen die Angefressenen Gartenbücher, können stundenlang Bilder vom Prinzessinengarten in Berlin-Kreuzberg und Wirsigköpfe in Jutesäcken betrachten. Wie Katzen- und Hundefans fotografieren sie natürlich bei Sonne und Regen ihre Lieblinge, und man kann nur dankbar sein, dass die Familien-Dia-Bilderschau der Vergangenheit angehört. Über diese emsigen Leutchen kann man (nach meiner Mutter selig) nur sagen: „Si mache wenigschtens nüt Dümmers.“
Garten im Mairegen
Mai 21st, 2012 at 08:00
Schlimm sind doch diese, die aus jedem Erdkrümmeli was ernten müssen. Leider vergessen viele das ein Garten nicht nur Arbeit ist sondern auch für die Seele gut ist. Klar schmeckt der eigene Salat oder Bohnen besser, aber einfach mal im Garten sitzen und die Seele baumeln lassen, das ist doch Lebensqualität.
Mai 26th, 2012 at 13:08
E-e, hast du das selber geschrieben, 1st? Ich kann´s kaum glauben. Wie oft habe ich mich gefreut an deinen liebevollen Gartenschilderungen mit schönen Aufnahmen von selbst gezogenen Blumen (und auch Gemüsen, jawoll!( . Schau doch nur einmal die Einträge vom 13. Okt. 08 und vom 30. Mai 2011 als Beispiel. Was ist dir bloss über die Leber gelaufen?? du tust mir recht leid.
Nur weil das Gärtele jetzt Mode ist? So what? Moden kommen und gehen, und ich habe wahrhaftig schon von weniger sympathischen gehört. Es ist doch schön, wenn Leute das Wachsen und Werden ihres Kopfsalats und Schnittlauchs miterleben, lernen, dass
Mai 26th, 2012 at 13:22
E-e, hast du das selber geschrieben, 1st? Ich kann´s kaum glauben. Wie oft habe ich mich gefreut an deinen liebevollen Gartenschilderungen mit schönen Aufnahmen von selbst gezogenen Blumen (und auch Gemüsen, jawoll!( . Schau doch nur einmal die Einträge vom 13. Okt. 08 und vom 30. Mai 2011 so als Beispiel. Was ist dir bloss über die Leber gelaufen?? du tust mir recht leid.
Nur weil das Gärtele jetzt Mode ist? So what? Moden kommen und gehen, und ich habe wahrhaftig schon von weniger sympathischen gehört. Es ist doch schön, wenn Leute das Wachsen und Werden ihres Kopfsalats und Schnittlauchs miterleben, wenn sie lernen, dass von Nichts Nichts kommt und alles seine Zeit braucht und ja, auch Anstrengung. Und wenn sie darüber reden – freu dich, viel besser, wenn dies sie beschäftigt,als wenn sie über die schlechten Nachbarn oder über die heutige Jugend herziehen.
Ich wünsche dir einen schönen Sommer mit viel Balkonblumenfreudeli. Und: Hast du noch irgendwo eine kleine Ecke, wo du deinen Enkeln zeigen kannst, woher die Krautstiele kommen?
NB Meine Seele baumelt auch, wenn ich die Geranien begiesse und von den verblüten Blättern und Blüten befreie. Ich kann dann so schön mit ihnen plaudern …
Mai 26th, 2012 at 13:25
… von Nichts Nichts kommt und alles seine Zeit braucht und ja, auch Anstrengung. Und wenn sie darüber reden – freu dich, viel besser, wenn dies sie beschäftigt,als wenn sie über die schlechten Nachbarn oder über die heutige Jugend herziehen.
Ich wünsche dir einen schönen Sommer mit viel Balkonblumenfreudeli. Und: Hast du noch irgendwo eine kleine Ecke, wo du deinen Enkeln zeigen kannst, woher die Krautstiele kommen?
NB Meine Seele baumelt auch, wenn ich die Geranien begiesse und von den verblüten Blättern und Blüten befreie. Ich kann dann so schön mit ihnen plaudern …
Mai 27th, 2012 at 07:34
Liebe Vered, ich bin immer noch die angefressene Gärtnerin! Im Beitrag versuche ich mich so zu sehen, wie mich andere wahrnehmen müssen, die eben nicht so angefressen sind. Die angefügten Fotos widersprechen hoffentlich dem Text;-) Ich könnte stundenlang über den Garten reden, in dem unglaublich viele diverse Blumen, Kräuter, Beeren und Gemüsearten wachsen, genährt vom Kompost, der liebevoll von meinen Nachbarn aus den Rüstabfällen unseres Quartiers entsteht. Die Enkelchen haben ihre Gärtchen, in welchen es auch wunderbar spriesst. Sie helfen auch beim Kochen der Ernte. Krautstiele habe ich in den Farben weiss, gelb und rot. Mein Balkon wird auch wieder bunt. Bis jetzt wars hier recht kalt, deshalb gehts erst jetzt voran mit Wachsen und Blühen. Ich werde mich nicht zurückhalten und immer wieder darüber berichten. Geranien liebe ich sehr, habe gerade drei mickrige Pflanzen aus dem Abfall gerettet. Sie schätzen das und belohnen mich mit ersten Knospen. Liebe Grüsse und viele interessante Geraniengespräche!