Do 6 Jan 2005
Nein, danke, keinen Weisswein für mich vor dem Mittagessen, in den leeren Magen! Ein gutes neues Jahr darf man sich nur noch heute, am Dreikönigstag, wünschen, meint eine Fachreferentin, die es wissen muss, da sie eine „Von“ ist und den „Gummäng*“ kennt. Das sei bis Ende des Monats möglich, meint M., ohne dass man etwas Ungutes herbei rede oder gar den Anstand (siehe oben*) nicht wahre. He nu. Der Direktor verliest die Liste der Jubilarinnen und Jubilare. Die Frauen erhalten Blumensträusse, die Männer eine Flasche Wein aus der Münsterkellerei. Es wird gewitzelt, dass nur die Verpackung mit der roten Binde von dort … Ich tröste den Kollegen damit, dass er in diese edle Schachtel das nächste Geschenk für seine Freundin verpacken könne. Nun werde ich, zwar „unverlesen“, zum Strauss gerufen. Küsschen vom Direktor, und schon halte ich ein Blumenschiff aus lachsroten Rosen und Lilien, einigen blauen Vogelbeeren und einer Strähne Flachs in den Armen.
Im Bünzlibeizli, dem Bellevue gegenüber äugen heute keine Journalisten zum Eingang des Hotels (um ja keinen Promi zu verpassen). Es ist ruhig und fast rauchfrei. (Ich hätte gerne ein Zigarettli geraucht, aber siehe *)
Bei Salat und Spaghetti mit Pilz sind wir Bücherfrauen uns einig: Es ist nicht sicher, dass ein neuer Direktor die Apéros so gut kann, wie der „alte“, der sich bald verabschieden wird.
Etwas behindert segle ich später mit aufgestelltem Kragen durch die Lauben, immer darauf bedacht, die Lilien zu schützen.
In unserem Ladenzentrum, der Denner-Weinreklame gegenüber, sind die Beizentische voll besetzt. Ich grüsse, wünsche allen ein Gutes Neues und übergebe mein Jubiläumsbukett Frau P. Seitdem sie arbeitslos ist, es sind schon einige Jahre her, ist sie hier Stammgast. Ich weiss, dass sie studiert hat und mehrere Sprachen spricht. Früher haben wir im Bus, wenn wir beide von der Arbeit nach Hause fuhren, über Bücher diskutiert. Frau P. kannte sich sehr gut aus in der tschechischen Literatur.
Januar 7th, 2005 at 00:33
Hättest du doch in dieser „Von-Gesellschaft“ ein Zigarettli geraucht. Schliesslich bist du heute Königin, und Königinnen müssen die Regeln des neuen Knigge nicht einhalten.
Was hat dich heute dazu bewogen, bei den Ladenstrassen-SäuferInnen stehen zu bleiben? Ich dachte, du machst einen Umweg, damit du nicht völlig verraucht aus dem Durchgang kommst. Das Bukett der Frau P. zu schenken, finde ich schon ganz toll, aber willst du wirklich auch noch gratis die kleinen Schlägerbübchen betreuen?
Merci, für die mit deinen Schnitzereien verzierte Gander-Truhe. Was frau alles kann, unglaublich.
Januar 7th, 2005 at 04:33
Ich rauche nur bei trockenem Wetter.
Frau P. hat eigentlich mehr verdient, als diesen Vogelbeerenstrauss. Wie schnell kann einem der Boden unter den Füssen weg gezogen werden. Es ist wahr, ich habe mich lange über die Gäste im Ladenzentrum genervt, aber ich finde, dass ich meine Einstellung ändern muss.
Das Thema „Schlägerbübchen“ ist komplex und kann nicht heute gelöst werden. Jeden Tag nur e i n e gute Tat, meint die zu dieser Stunde bereits abgesetzte Königin.
So eine Gander-Schachtel kennt doch niemand mehr. Ich glaube, sie ist eine Homage des Bergführers und Kerbschnitzers Christian Rubi an den Kunstturner Arthur Gander. Die meisten von diesen Naturburschen haben das Lehrerseminar besucht, waren totale Allrounder.