Do 7 Apr 2022
Wahrscheinlich habe ich die beliebten Aprilscherze in den Zeitungen übersehen. Oder gab es diesen 1. 4. passenderweise keine? Doch, der Quartieranzeiger „Blizer Woche“ konnte sich nicht zurückhalten und veröffentlichte schon Ende März einen Beitrag über den Kunstrasen rund ums neu sanierte Schwimmbad in Berns Westen. Nicht besonders witzig.
Obwohl ich vom Putzen nach Kalender nichts halte, überkommt mich vor Ostern vermehrt das Bedürfnis, hier etwas feucht abzuwischen, dort auszuspülen, zu polieren, einzuräumen, umzutopfen, runde Ecken eckig zu fegen, auch wenn sie sich hinter Möbelstücken verbergen, diesen oder jenen Stapel Papier durchzusehen, meistens wegzuwerfen. Papier „versuumt“ (raubt Zeit). Ich stosse auf einen Brief an meine Freundin Rosmarin, Lektorin bei einem grossen Kinderbuchverlag. Ich habe ihn vor 20 Jahren geschrieben. Hier ein Teil daraus in Erinnerung an eine grosszügige, belesene Frau mit viel Humor:
… schicke ich dir noch ein Paar handgestrickte Socken für frühlingshafte Temperaturen. Meine Töchter finden sie zu gross, aber ich sagte, dass du Modell „Schiff“ willst, welches wirklich nicht drückt. Das Muster ist ein sehr altes mit Löchligang und rechts und links. Mit mir wird diese „Kunst“ in der Familie aussterben. Das ist ein hausfraulicher Niedergang: Niemand mehr kann im Maschenstich flicken, niemand ein Käppchen (Sockenferse) stricken, niemand weiss, wie Öpfelrösti richtig geht, seit meine Schwiegermutter Berthi in der weitläufigen Himmelsküche – derjenigen auf Erden ähnlich – knetet und schnipselt. Und die Handarbeitslehrerinnen wurden nach 150 Jahren auch abgeschafft.
Wo soll das hinführen? Direkt zur Tiefkühltruhe, wo auf dem Pouletschnitzelpäckli steht: Es kann nicht garantiert werden, dass für dieses Produkt keine Antibiotika und keine wachstumsfördernden Substanzen verfüttert wurden. Die Zeiten sind nun wirklich vorbei, in welchen der Kabis und der Lauch nur Jauche und Regenwasser erhielten und das Huhn ein paar Stunden vor dem Verzehr sturm geschlagen wurde, um anschliessend mit dem Gertel den Kopf abgehackt zu bekommen.
Der Männerchor Rüeggisberg gab auf der Bühne in der Turnhalle „Hansjoggeli, der Erbvetter“, eingerahmt von ustighaften Jodelliedern aus milden Lüftlein, blinkendem Firnenschnee, schlagenden Nachtigallen und Reichtum ohne Geld, den wartenden Schatz nicht zu vergessen. Anschliessend servierten die Frauenverein-Frauen das obligate, beliebte Pastetli. Verputzt wurde diese kirchliche Spende nach dem – GsD – kurzen Segen des Pfarrers, den alle „Andri“ nennen.
Gewonnen habe ich bei der Tombola wieder nichts. Mindestens eine Schwinger-Wurst hatte ich unter den 12 Losen erhofft.
Der Hausmeister – 2nd2nd, male – ist von seinem Besuch bei seinen Verwandten im Kosovo zurückgekommen. Er hat für die Familien Vorräte eingekauft, da die Preise der Grundnahrungsmittel explosionsartig ansteigen und die Löhne äusserst niedrig bleiben. Das ist noch nicht das Schlimmste. Durch die Bilder aus dem Krieg in der Ukraine werden alte Wunden aufgerissen, schreckliche Déjà-vus, die Angst und Hass wieder hervorbrechen lassen – grenzenlos.
April 16th, 2022 at 16:59
Liebe 1st, zur Zeit ist das Lachen einem nicht zuvorderst, das stimmt (beziehe mich auf deinen letzten Post). Ich hab auch kaum diesjährige Aprilscherze gelesen. Öpfelrösti und Maschenstich sind mir nicht geläufig. Aber ich kann Socken stricken mit Käppli, und bin grad am x-ten Paar – sie haben was Tröstliches und dauern nicht allzu lange. Abends gibt es ukrainischen Borschtsch, gegen die österlichen Schoggibäuche und aus Gründen der Solidarität, die vor allem mir selber gut tut.
April 21st, 2022 at 05:35
Socken stricken hat wirklich etwas Tröstliches, falls das Käppli einem leicht fällt und nicht in weitere Verzweiflung treibt. Borschtsch habe ich noch nie zubereitet, nur einmal bei einer Polin gegessen im August 1980 zur „Feier“ der Gründung von „Solidarność“. Sicher war deine Suppe schmackhafter, als die in meiner Erinnerung;-)