Mi 2 Feb 2005
Balkonraucher werden bereits in unserem Treppenhaus darauf aufmerksam gemacht, dass sie ihre Zigarettenstummel nicht auf die Sonnenstoren, in die Blumenkisten, die Vorgärten, die Terrassen der Nachbarn schmeissen sollen:
!!!Bitte!!!
Hat man 16 Stockwerke über sich, sammelt sich schon einiges an an Kippen von oben. Das versaut jedem Hobbygärtner den Feierabend, vermiest jede Mahlzeit im Freien.
Rauchen ist in der Schweiz ein billiger Spass: für 1 Paket Zigaretten arbeiten wir ca. 12 Minuten. In Kenja, dem Land mit den teuersten Glimmstängeln, reichts dafür erst mit 158 Minuten Arbeit.
In meinem Bekanntenkreis wird kaum noch geraucht. Mit Wehmut denke ich an die schweren Roberto-Niederer-Glas-Aschenbecher zurück, die Jahre lang die Salontische der Leute mit Geschmack geziert haben. Auch die provençeblauen seien aus meinem Lieblingsrestaurant entfernt worden. Immer mehr rauchfreier Raum in Bern! Kein verqualmtes Foyer mehr in der altehrwürdigen Stadtbibliothek. Es wird draussen in den zugigen Lauben geschlotet: !!!Bitte!!!
Wenn ich die jungen Leute sehe, denke ich manchmal zurück an meine Rauch-Zeit. In der „Schwarzen Tinte“ sassen wir, hörten bereits am Nachmittag Jazz gespielt von Chlöisu Friedli und Freunden, rauchten „Gitane Maïs“ und versuchten, kein Landei mehr zu sein und zum Kuchen zu gehören.
Während meiner Zeit im Kibbuz holte ich mir „Nadiv“ bei Lea im Kibbuzladen. Sie würden mit dem Abfall aus der Fabrik gestopft, diese filterlosen Arbeiterzigaretten, spotteten meine Freunde in der Stadt. Durch die tägliche Übung wurde ich eine lässige Nadiv-Raucherin ohne feuchte Tabakkrümel an den Lippen.
Jahre später drehte mir der Beediman in Indien jeden Tag fünf kräftige Armeleutezigaretten. Er schnipselte ein Tabakblatt auf ein zweites einer anderen Sorte, rollte es ein, band diese Tüten mit einem feinen bunten Baumwollfaden zusammen und verkaufte sie mir auf einem Palmblatt für 1 Rupie.
Heute weiss ich, dass 5 Beedis ca. 55 herkömmlichen Zigaretten entsprechen, huch! Aber Ghanesha, der Gott aller Ahnungslosen und Beedipaffenden, hielt seinen Rüssel über meiner Lunge.
Inzwischen bin ich zu einer gemässigten „Sommerraucherin“ geworden. Zigaretten bei feuchtem, kalten Wetter gibt’s nur sehr selten. Trotzdem trage ich ein versilbertes Zigarettenetui und ein Feuerzeug mit dem Bild meines Lieblingsfussballspielers bei mir wie andere Leute eine Taschenapotheke.
So ein Zigarettli hat mir schon in manchen brenzligen Sitauation geholfen, sei’s an der jordanischen Grenze, auf einem türkischen Polizeiposten, im Zîgana Gebirge oder auf dem Kyberpass, da hatte ein solches als Geschenk einen Wert. Aber heute sind dies ja keine abgelegenen Gegenden mehr, und wahrscheinlich sind auch die „Bösen“ dieser Welt inzwischen ihrer Gesundheit zuliebe Nichtraucher geworden.
Kürzlich habe ich eine Stange „Cleopatra Golden King“ aus Ägypten geschenkt bekommen, bin also für mindestens acht Jahre mit einer wöchentlichen „Sommerzigarette“ versorgt.