In diesem Jahr kann ichs kaum erwarten, dass das „Weierli“ auf geht. Kein Sommeranfang ist besser, als anfangs Mai die Familiengarderobe einzurichten: Badekleider, Tücher, Sonnencreme, Bastmatten, Sonnenschirm, Spielzeug, Pflaster, Mineralwasser … Wenn ich komme, sind die noch Älteren schon da, sitzen im Badekleid auf den Plastikstühlen, kümmern sich keinen Deut um schön oder nicht schön, quatschen, rauchen, trinken Kaffee, erzählen von ihren winterlichen Carfahrten nach Spanien an die Sonne.
Der ehemalige Patrizier-Fischteich, gespiesen vom Wasser des Stadtbachs, ist der Inbegriff des Sommers in Bern-West, ein erweitertes Wohnzimmer.
Als Kind vom Land nahm mich Tante Fridali mit ins Weierli, damals noch mit sumpfigen Ufern umgeben von magerem Baumbestand. Ich genierte mich schrecklich, mich hinter einem der mickrigen Baumstämmchen auszuziehen. Meine gestrickten Baumwollunterhosen saugten sich schwer voll Wasser, hingen mir bis in die Kniekehlen – tropften jämmerlich. Wie ein Wunder kam es mir vor, dass schon kleine Kinder aufs Floss in der Mitte des Weihers schwimmen konnten.
Die Stadtkinder schienen mir viel glücklicher, als diejenigen auf dem Land. Sobald ich einmal auf dieses „Inseli“ schwimmen könnte, würde ich auch glücklich sein, davon war ich überzeugt.
Morgen ist Saisonstart. 25 Millionen Liter Stadtbachwasser sind für uns bereit, tadellos sauber und täglich mehrmals geprüft.
Gestern stand ich noch vor verschlossenen Toren.
Der Bademeister vertröstete mich auf Mittwoch:
„Es het ja ersch grad no gschneit.“