„Für sie wurde niemals eine Ausnahme gemacht,“ darf man gern auf meinen Grabstein schreiben.

Gerechtigkeit ist etwas Schönes. Man attestierte mir den Sinn dafür ihn zahlreichen Schulzeugnissen, ich bin die Letzte, die daran zweifelt.

Ich glaube kaum, dass einer alle Finger braucht um die aufzuzählen, die im Block mehr Gemeinwohl betrieben haben als ich. Die Arbeitskraft, Toleranz , Geduld, zwei Dutzend Fussbälle, Kleider, Schuhe, unendliche Laufmeter Bücher und mindestens zwei Tonnen Esswaren in den Rachen des Quartiers geworfen haben, nur damit meine Kindeskinder eine Verbesserung bemerken – vielleicht. Dank erwarte ich nicht, aber etwas Gnade wäre ganz nett.

Doch nein! Wenn es bei uns hereinregnet, wird zuerst der Schaden von denen behoben, die lauter kläffen. Wenn ich einmal bei schönem Wetter hundert saubere Wassertröpfchen über den Balkon ablaufen lasse, klingelt es sofort Sturm: „Putzen Sie? Lesen Sie die Hausordnung!“ (Reinigung des Balkons mit Wasser nur bei Regenwetter gestattet).

Wenn ich nach zwanzig Jahren Erwachsenenleben hier zum ersten Mal den Papierabfuhr-Termin verwechsle und meinen Papierbund zu früh rausstelle, würde da ein Hauswart so nett sein und ihn rasch in seinen Container werfen?

Niemals! Wenn da jeder käme! Er knallt ihn mir vor die Tür und staucht mich zusammen. Und wenn der Termin ist, wartet er vergnügt darauf, dass ich ihn verpasse. Und wenn ich dann doch noch drauf komme, lässt er ein listiges „dies‘ Mal stimmt’s!“ fallen.

Das finde ich dann gemein. Allein der Gedanke an die Gerechtigkeit versöhnet mich.