So 11 Feb 2007
Ein Regensonntag und Zeit fürs neue NZZ-Folio „Teheran“. Der Iran feiert heute den 27. Jahrestag der islamischen Revolution, lese ich, stöbere dann in meinen Archivschachteln und erinnere mich an den Sommer 1978:
In einer dichten Autoschlange kriechen wir unter die Smogdecke wie in einen grauen schwabbenden See, hinein in die Millionenstadt Teheran. Im Norden Berge auf deren höchsten Gipfeln Schnee liegt.
In der Nähe des Shahyad Towers treffen wir einige junge PerserInnen in chicen Sportwagen und in wochenendlicher Partystimmung. Klar kennen sie ein passendes Hotel für eine Familie. Sie werden uns lotsen – no problem. Und schon geht’s flott hupend und blinkend hinein ins unbeschreibliche Verkehrschaos. Wir durchqueren die elendesten Slums, wo die Menschen halbnackt in Autowracks leben und werden später vor einem kleinen Hotel, umgeben von schattigen Bäumen, verabschiedet. Hier wollen wir einige Tage bleiben, um unser Auto zu überholen und Briefe nach Hause zu schreiben.
Das Wasser des Hotelpools, aus 300 Metern Tiefe heraufgepumpt, erfrischt nicht nur die „ausgetrockneten“ TouristInnen sondern auch die Wohlhabenden aus der Stadt, die ihre Nachmittage hier verbringen. Ein holländischer Geschäftsmann, erzählt mir von seinen engen Verbindungen zum kaiserlichen Palast. Er handle mit Opium. Das könne ich ihm nicht glauben. O doch, meinte er. Noch etwas werde er mir verraten. Der Schah sei in der vergangenen Nacht in seinen privaten Gemächern angeschossen worden. Der Anschlag werde geheim gehalten, aber das sei der Anfang vom Ende des Pfauenthrons, und seine Geschäfte seien wohl bis auf weiteres dahin.
So etwas! In meinen Briefen erzähle ich diese Hiobsbotschaft brühwarm weiter.
Sie kommen alle geöffnet und mit schwarzen Zensurbalken in der Schweiz an.
Es ist Ende August 1978, und zu Hause ahnt noch kaum jemand etwas von einer islamischen Revolution im Iran.
Februar 12th, 2007 at 01:18
unglaublich, solche dinge, auch wie sich die kommunikationswege inzwischen veraendert haben…
Februar 12th, 2007 at 09:21
Ja, die Kommunikationswege waren einfacher als einfach. Deshalb bin ich ja so froh, dass es heute Blogs gibt!
Februar 12th, 2007 at 15:01
Wooooooooowww! Bieten deine Archivschachteln noch mehr Aventüren dieser Art? Die ist ja atemberaubend.
Wann schreibst du deine Memoiren?
Februar 12th, 2007 at 20:10
Ha, liebe Vered,
auf sicher keine Memoiren!
Die Aventüren dieser Art sind in Schachteln verpackt und werden bei
passender Gelegenheit in den Blog gestrickt;-)
Februar 14th, 2007 at 12:01
Ima: Warum habe ich bloss die Erinnerung, dass wir vor dem Hotel in dem Park – der wirklich schön war – gezeltet haben? Und ich eher etwas klandestin über einen Hag steigen musste, um am Swimmingpool der Besseren teilzuhaben? Mmmh?
Februar 14th, 2007 at 19:46
@2nd, female
Deine Erinnerung ist richtig. Als zeltende Europäer hatten wir natürlich freien Zutritt zum Pool.
Heute ist es mir schleierhaft (!!), wie ich dich in diesen Ländern einfach so machen lassen konnte: heimliches Übersteigen des Hages in Teheran, Brot einkaufen in Kabul, Elefantenritt im Dschungel usw.
Februar 14th, 2007 at 22:36
Eben. Also wenn wir mal in einem Hotel übernachtet hätten, das dem entspricht, was landläufig unter dem Begriff verstanden wird, so würde ich mich bestimmt daran erinnern. In den Memoiren müsstest du dann bitte nichts suggerieren sondern schreiben, dass wir jeweils VOR oder HINTER oder NEBEN den Hotels übernachtet haben. Im Zelt.
Februar 15th, 2007 at 00:30
Wegen der Suggestion „Hotel“ werfe ich mich gerade in Sack
und Asche:-((
Februar 15th, 2007 at 23:17
@2nd, female
Einmal hatten wir ein Hotel mit sauberen Betten, mit Ausblick auf die schöne Stadt Adapazarı und einem bewaffneten Polizisten vor der Zimmertür. Wir waren für eine Nacht verhaftet worden.