Ein Regensonntag und Zeit fürs neue NZZ-Folio „Teheran“. Der Iran feiert heute den 27. Jahrestag der islamischen Revolution, lese ich, stöbere dann in meinen Archivschachteln und erinnere mich an den Sommer 1978:

In einer dichten Autoschlange kriechen wir unter die Smogdecke wie in einen grauen schwabbenden See, hinein in die Millionenstadt Teheran. Im Norden Berge auf deren höchsten Gipfeln Schnee liegt.
In der Nähe des Shahyad Towers treffen wir einige junge PerserInnen in chicen Sportwagen und in wochenendlicher Partystimmung. Klar kennen sie ein passendes Hotel für eine Familie. Sie werden uns lotsen – no problem. Und schon geht’s flott hupend und blinkend hinein ins unbeschreibliche Verkehrschaos. Wir durchqueren die elendesten Slums, wo die Menschen halbnackt in Autowracks leben und werden später vor einem kleinen Hotel, umgeben von schattigen Bäumen, verabschiedet. Hier wollen wir einige Tage bleiben, um unser Auto zu überholen und Briefe nach Hause zu schreiben.
Das Wasser des Hotelpools, aus 300 Metern Tiefe heraufgepumpt, erfrischt nicht nur die „ausgetrockneten“ TouristInnen sondern auch die Wohlhabenden aus der Stadt, die ihre Nachmittage hier verbringen. Ein holländischer Geschäftsmann, erzählt mir von seinen engen Verbindungen zum kaiserlichen Palast. Er handle mit Opium. Das könne ich ihm nicht glauben. O doch, meinte er. Noch etwas werde er mir verraten. Der Schah sei in der vergangenen Nacht in seinen privaten Gemächern angeschossen worden. Der Anschlag werde geheim gehalten, aber das sei der Anfang vom Ende des Pfauenthrons, und seine Geschäfte seien wohl bis auf weiteres dahin.
So etwas! In meinen Briefen erzähle ich diese Hiobsbotschaft brühwarm weiter.
Sie kommen alle geöffnet und mit schwarzen Zensurbalken in der Schweiz an.
Es ist Ende August 1978, und zu Hause ahnt noch kaum jemand etwas von einer islamischen Revolution im Iran.