Fr 10 Jun 2005
Dieses heitere Bild von lauter jungen schönen Menschen wurde natürlich nicht auf einem der 140 Regionalen Arbeitsvermittlungszentren aufgenommen. Den Leuten, welche die Dienste der 1800 Beraterinnen und Berater in Anspruch nehmen müssen, ist das Lachen vergangen. Sie sind arbeitslos. Das ist zwar bitter, aber immerhin können so 1800 andere ihren Job behalten.
Das freundliche Ehepaar um die Sechzig, seit Monaten in einen schleppenden Versicherungsfall verstrickt, deshalb ohne Einkommen und ein bisschen am Boden zerstört, trifft auf einen netten Berater. Er versucht, den beiden zu vermitteln, dass sie sich nicht schämen müssten, auf dem RAV (in Berndeutsch „Raff“) gelandet zu sein. Die arbeitslose Konditorin etwas über Vierzig dagegen ist überzeugt, dass ihre Beraterin sie hasst und sie mit Absicht ins abgelegene Olten, zusammen mit Behinderten in einen Weiterbildungskurs schickt. Dagegen konnte der junge Familienvater, erst seit kurzer Zeit in der Schweiz, einen Kurs in Hausreinigung besuchen. Gratis. Er hat nun eine Arbeitsstelle in einem Schulhaus gefunden.
Im Mai 2005 gab es in der Schweiz 145370 registrierte Arbeitslose. Ihr Job ist es, sich mit den unzähligen oft wechselnden Bestimmungen herum zu schlagen und dazu die vorgeschriebene Anzahl Bewerbungsschreiben zu verschicken, irgendwo hin. Ich muss mich damit auseinander setzten, auch bald dazu zu gehören. Denn meine vornehme Vorgesetzte, Frauenrechtlerin der ersten Stunde ist daran, ihren Betrieb zu reorganisieren – mit neuen Männern.
Im Laufe meines schon ziemlich langen Lebens habe ich vielen Mitmenschen geraten, durchzuhalten, die Hoffnung nicht zu verlieren, in der „verschütten“ Situation eine Chance zu sehen, keinesfalls aufzugeben.
Sich selber solches zu Herzen zu nehmen, neugierig in die Zukunft sehen, mit dem halbvollen Glas in der Hand … ja, das erfordert Stärke.
Nur, wie sage ich das meinem Magen?
Juni 10th, 2005 at 12:09
Ich war vor einiger Zeit ein Jahr lang auf Stellensuche. Arbeitslosigkeit ist ein Vollzeitjob, finde ich besonders unfair wenn man eigentlich eine Teilzeitstelle sucht. Andererseits schafft es auch viel Zeit für andere Dinge, z.B. spazieren gehen, den Sommer geniessen, bloggen…
Juni 10th, 2005 at 15:14
Was ich noch sagen wollte: Bei solchen Schicksalsschlägen (egal wie schwer oder leicht) bin ich mittlerweile der Ansicht, dass es mir absolut zusteht, einige Zeit hoffnungslos, frustriert und unglücklich zu sein. Alles andere wäre abnormal und auch ungesund. Hoffnung, Energie und Zuversicht können sich erst aufbauen, wenn die anderen Gefühle zu ihrem Recht gekommen sind. Psycho-Hygiene und so :-).
Juni 10th, 2005 at 15:25
Lieber Matthias, danke. Ich denke, dass du Recht hast.
Juni 11th, 2005 at 23:09
Liebe 1st, du bist ja noch nicht arbeitslos. Wer weiss, vielleicht findest du ja schon bald eine neue Stelle und verlässt die alte arme Frau Mehrbesser früher als du meinst.
Mein Freund hat sich beim RAV angemeldet. Er sitzt jetzt etwas hoffnungslos, frustriert und unglücklich in der Wanne. Zum Glück waren wir heute auf einer so wunderschönen Spazierfahrt im Gantrischgebiet, die Sonne hat ihm gutgetan. Auch meine Grossmutter spürt vielleicht noch die Freude dieses Nachmittags, obwohl sie den Ausflug schon wieder vergessen hat.
Juni 11th, 2005 at 23:12
Was ich noch sagen wollte: Bei solchen Schicksalsschlägen nimmt mein Freund (anti Alkoholiker) ein HALB VOLLES Glas Rosé mit ins Schaumbad 😉
Juni 12th, 2005 at 17:27
Es wird schon klappen!!